Schalenblende
Seit dem Mittelalter ist die heutige Schalenblende im Bergbau als "Blende" bekannt, allerdings gibt es keine Hinweise auf eine traditionelle Anwendung als Heilstein. Da sie aus verschiedenen Sulfiden besteht, ist das Erscheinungsbild der Schalenblende sehr vielfältig.
Durch die bänder- bzw. schalenförmige, sogenannte "Wechsellagerung" der verschieden dicken Schichten, entstehen nicht nur deutlich unterschiedliche Farbbänder, sondern auch variierende chemische Zusammensetzungen. Diese führen zu deutlichen Unterschieden der petrographischen Eigenschaften.
Ein Blender für die Bergleute
Als Hauptbestandteil der Schalenblende, ist Zinkblende (Sphalerit) im Bergbau schon lange bekannt. Durch das halbmetallische Erscheinungsbild und ein dementsprechendes Gewicht, schürte die Zinkblende einst die Hoffnung auf einen Blei-Fund, doch wie sich zeigte, war der Eindruck "trügerisch". So prägten die Bergleute den Begriff "Zinkblende", da sie sich hatten täuschen bzw. blenden lassen. Auch das heute gültige Synonym "Sphalerit" orientiert sich an dieser "Täuschung", denn im Jahre 1847 erhielt das kubische Zinksulfid durch den Mineralogen "Dr. E.F. Glocker" den neuen Namen "Sphalerit", vom griechischen "sphaleros" für "trügerisch".
Weitere Synonyme für Zinkblende
Neben dem etablierten "Sphalerit" sind außerdem weitere Synonyme wie Brunckit, Spelter und Spiauter im Umlauf. Bezeichnungen wie Faser-, Kolophonium- und Spiegelblende orientieren sich ebenso wie Honigblende (gelblich) an der bergmännischen Zinkblende. Für rötliche Exemplare hat sich Rotschlag, Granat- oder Rubinblende eingebürgert.
Eisenreiche Zinkblende heißt Christophit, Newboldit oder Marmatit und weiße Exemplare Cleiophan. Sogenannter Rahtit bezeichnet verunreinigten Sphalerit.
Ein Blender in Lagen-Optik
Im Jahre 1800 prägte der deutsche Mineraloge "D.L.G. Karsten" die Bezeichnung "Schalenblende" nach dem dominierenden Bestandteil des Mineralgemenges "Zinkblende" und der schalenartigen Struktur. Weitere Synonyme sind Strahlenblende oder Leberblende, die jedoch seltener verwendet werden.
Die Paragenese verschiedener Sulfid-Minerale
Die beiden Hauptbestandteile von Schalenblende sind der erwähnte Sphalerit (Zinkblende) und das Sulfid "Wurtzit". Obwohl das Alpha-Zinnsulfid "Sphalerit" und das Beta-Sulfid "Wurtzit" das Mineraliengemenge dominieren, treten oft noch andere Mitglieder der "Sulfide und Sulfosalze" auf. Dazu gehören beispielsweise der bleihaltige Galenit (Bleiglanz), der eisenhaltige Pyrit (Katzengold) und Markasit sowie Chalkopyrit (Kupferkies). Letzterer enthält Kupfer und Eisen in gleichen Teilen.
Die Merkmale der verschiedenen Mineralschichten
Da der Hauptbestandteil der Schalenblende aus etwa 80 bis 90 % Sphalerit besteht, sind seine Merkmale für das Mineralgemenge prägend. Allerdings sind seine Mohshärte von 3,5 bis 4 und Dichte von 3,9 bis 4,2 durchaus mit den Werten des zweiten Hauptbestandteils "Wurtzit" vergleichbar, der jedoch nur maximal 20 % einnimmt. Beide zeigen Diamantglanz und eine vollkommene Spaltbarkeit. Einzig die Strichfarbe unterscheidet sich geringfügig.
Das Alpha-Zinksulfid "Sphalerit"
Sphalerit kristallisiert im sogenannten "Kubischen Kristallsystem" und bildet deshalb Kristalle in der Form eines Tetraeders, manchmal auch Würfels oder Dodekaeders. Diese treten jedoch meistens als Zwillinge und in verzerrter Form auf, sodass sie schwer zu erkennen sind.
Sphalerit-Aggregate sind fein- bis grobkörnig und erscheinen farblos sowie in der "Nicht-Farbe" Schwarz, aber auch in bräunlichen, gelblichen, grünlichen und rötlichen Tönen. Dementsprechend ist die Strichfarbe gelblich bis dunkelbraun, aber niemals schwarz.
Das Beta-Zinksulfid "Wurtzit"
Der zweithäufigste Bestandteil der Schalenblende ist Wurtzit, der wiederum im sogenannten "Hexagonalen Kristallsystem" kristallisiert. Er bildet häufig Pyramiden und tafelförmige Kristalle, die Diamantglanz zeigen können. Wurtzit ist eine nur schwach stabile (Metastabilität) Modifikation des kubischen Sphalerits, bei deren Entstehung höchste Temperaturen wirken müssen.
Wurtzit erscheint in Schwarz, Braun und Braunrot, die in ihrer Eigenfärbung eine hellbraune Strichfarbe hinterlassen. Während Sphalerit häufiger Kristall-Zwillinge bilden kann, kommen diese bei seinem hexagonalen Verwandten eher selten vor.
Erstmals beschrieben wurde das nach dem französischen Chemiker "C.A. Wurtz" benannt Mineral, Mitte des 19. Jahrhunderts. Als Mitglied der Mineralklasse "Sulfide und Sulfosalze" und Abteilung "Sulfidminerale" ist Wurtzit namengebend für die Unterabteilung "Wurtzit-Gruppe".
Die Wurtzit-Struktur und Sphalerit-Struktur
Die nach ihm benannte "Wurtzit-Struktur" zeichnet sich durch eine "hexagonal dichteste" Kugelpackung aus, die aus Schwefel- und Zinkatomen im Verhältnis 1 : 1 besteht. Sie gehört zu den wichtigsten Kristallstruktur-Typen, ebenso wie die kubische "Sphalerit-Struktur", bei der einige schwach polarisierte Ionen-Verbindungen kristallisieren.
Wechsellagerung in "Vergesellschaftung"
Etwa 80 bis 90 % der Schalenblende bestehen aus dem kubischen Sphalerit, dabei macht Wurtzit als zweithäufigster Bestandteil nur maximal 20 % aus. Die beiden Zinksulfide sind zwar chemisch identisch, doch nur Sphalerit nimmt in seinem Kristallgitter weitere Ionen auf. So zeigt er oft eine Vielzahl an Fremdstoffen und somit auch Färbungen.
Verschiedene Farbbänder in unterschiedlicher Dicke
Durch die abwechselnde, oft parallele Schichten-Lagerung (Wechsellagerung) von Sphalerit und Wurtzit entstehen verschiedenfarbige Bänder, die wie unterschiedlich dicke Schalen dicht an einander gepresst, eng verbunden sind. Diese charakteristische Vergesellschaftung verschiedener Minerale am gemeinsamen Bildungsort entsteht unter den gleichen chemischen und physikalischen Bedingungen. Je nach dem welche Minerale noch beigemengt vorkommen, bilden sich verschiedene Farbbänder in Weiß, Beige, Ockergelb, Braun, Silbergrau bis Schwarz sowie rötliche und leicht grünliche Schichten. Diese können nur wenige Millimeter bis mehrere Zentimeter breit sein.
Bildungs- und Fundorte
Schalenblende entsteht immer durch eine "Primäre Bildung" aus hydrothermalem Zinksulfid-Gel, wobei meistens eine sogenannte "Metasomatose" mitmischt. Hier werden die Minerale eines vorhandenen Gesteins durch auftretende chemische Prozesse gegen Ende der Mineral-Ausfällung verändert oder gar durch andere ersetzt.
Kalkstein als Ausgangspunkt
Im ersten Schritt bildet sich aus Kalkstein ein Sulfid-Gel, das feinste Partikel aus verschiedenen Sulfiden enthält. Diese Zink-, Eisen- und Bleisulfide wachsen im Laufe der Ausfäll- und Abkühlungsphase im zweiten Schritt zu relativ losen Teilchenaggregaten zusammen, die sich als sogenannte Ausflockung absondern.
Chemische und physikalische Veränderungen
Durch die Veränderung der Gel-Konzentration und chemischen Zusammensetzung sowie der Temperatur- und Druckverhältnisse, erfolgt im dritten Schritt nach und nach die Ausfällung der verschieden Inhaltsstoffe je nach Löslichkeit und Sättigung. Dabei sinken die schwereren Teilchen nach unten und lagern sich in charakteristischen Schichten ab, die jeweils ganz unterschiedliche Merkmale später zeigen können.
Natürlich sind die abwechselnden, oft gelblichen und grauen Farbbänder in ihrer verschiedenen Dicke gut sichtbar, sodass sie zusammen mit möglichen, nierenförmigen Zeichnungen und geschwungenen Linienführungen ins Auge stechen. Diese einst parallel verlaufenden Schalen zeigen nach physikalisch einwirkenden Prozessen am Ende einzigartige Windungen im Schichtverlauf, die besonders zur Attraktivität der Schalenblende beitragen.
Europas Schalenblende-Schätze
Schalenblende ist weltweit gesehen ein eher selten vorkommendes Mineralgemenge, denn die größten Vorkommen liegen ausnahmsweise mal nicht in Australien, Brasilien oder Russland. Hier sind die Gruben Deutschlands mit Lagerstätten in Baden-Württemberg (bei Wiesloch) und Nordrhein-Westfalen (bei Wülfrat) ganz vorne mit dabei.
Stalaktite aus Baden-Württemberg
Tropfsteinartige Exemplare mit einer Länge von 30 bis 40 Zentimetern und einem Durchmesser von teilweise bis zu 15 Zentimetern sind aus dem ehemaligen Bergwerk "Grube Segen Gottes" bekannt geworden. Ihre konzentrischen Zeichnungen waren scheinbar einzigartig.
Trauben-Aggregate aus Nordrhein-Westfalen
Ganz anders kommen die Schalenblende-Funde in diesem Bereich von Deutschland daher. Hier haben sich außergewöhnliche, traubenartige, knollige Aggregate gebildet, die ebenfalls einige Dezimeter vorweisen können. Charakteristisch für die "Kalk-Vorlage" der Schalenblende ist der Fundort dort in einem Kalksteinbruch.
Aber auch Österreich (Kärnten) kann ähnlich große Exemplare vorweisen. Neben Frankreich, Belgien und Polen, gibt es geringe Vorkommen in Spanien, Bulgarien, Italien, Griechenland, Slowenien, Tschechien, Irland und Großbritannien.
Außerhalb der EU existieren vereinzelte Fundorte in Amerika (USA, Kanada, Argentinien, Brasilien, Bolivien, Mexiko, Peru), Afrika (Marokko, Tunesien, Nigeria), Asien (China, Japan) und Australien.
Industrielle Verwendung von Sphalerit-Wurtzit
Als Sulfid mit hohem Zinkanteil, könnte auch die Schalenblende eine lukrative Quelle zur Zinkgewinnung sei. Allerdings sind die Vorkommen dünn gesät und erreichen selten das Ausmaß einer abbauwürdigen Lagerstätte. Deshalb bleiben Minen dieser Art weltweit eher eine Seltenheit.
Schalenblende als Schmuckstein
Da die Zeichnungen und farbigen Bänder ähnlich attraktiv sind wie die des Achats, hat sich Schalenblende im Laufe der Zeit zu einem beliebten Schmuckstein entwickelt. Seine ästhetischen und dekorativen Merkmale sind unübersehbar, auch wenn ihn seine geringe Härte von maximal 4 nicht gerade besonders widerstandsfähig macht.
Deshalb eignet sich dieses Sulfidmineral nicht für Fingerringe, die im Alltag einiges aushalten müssen. Im Gebrauch sollte man allerdings auch mit den eher selten vorkommenden Trommelstein-Anhängern immer behutsam umgehen, denn das gut spaltbare Mineralgemenge reagiert empfindlich auf Zusammenstöße.
Bestimmungsmerkmale der Schalenblende
Gemäß seiner Hauptbestandteile, besitzt Schalenblende die gleiche Mohshärte von 3,5 bis 4 wie Sphalerit und Wurtzit. Seine Dichte ist jedoch mit 4,08 bis 4,10 etwas höher. Die vollkommene Spaltbarkeit hinterlässt spröde, unebene Bruchstellen und die undurchsichtige Transparenz zeigt immerhin Glasglanz.
Überraschend ist auch nicht die Strichfarbe, die gelblich bis hellbraun ausfallen kann. Je nach individueller Zusammensetzung zeigt sie sich allerdings manchmal auch in Weiß, was dann gegen eine Eigenfärbung des Sulfidminerals spricht.
Jedoch einen klaren Vorteil hat Schalenblende gegenüber seinem Hauptbestandteil "Sphalerit", den man rein optisch leicht mit den drei viel härteren Edelsteinen Diamant (10), Topas (8) oder Zirkon (6,5 - 7,5) verwechseln kann. Seine geschwungenen, farblich abgesetzten Schalen oder Bänder sind einzigartig im Reich der Mineralien und Gesteine.