Granat - ein Schmuckstein mit langer Tradition
Im alten Indien und im Buddhismus waren die Menschen davon überzeugt, dass das Leuchten und der besondere Glanz des Granats aus dem inneren Kern des Steins kommen musste. Deshalb standen diese "Heiligen Steine" für das Feuer der Verwandlung.
Karfunkel-Steine im Mittelalter
Als ganz besondere Schutzsteine schmückten die verschiedenen Granat-Varietäten schon früh Könige und Kaiser. Allerdings waren hier die symbolträchtigen Rottöne als "Karfunkel-Steine" besonders begehrt, denn Purpurfarben waren einzig dem königlichen Herrscher vorbehalten.
Dabei bezieht sich die Bezeichnung "Karfunkel" nicht allein auf rote Granate, denn sie stammt vom mittelhochdeutschen "Karbunkel" (lat. carbunculus = kleine glühende Kohle) ab und bedeutet einfach nur "rötlich funkelnder Schmuckstein". Vermutlich hat das schmückende, funkelnde Erscheinungsbild dieser Edel- und Schmucksteine später den Begriff "Karfunkel" geprägt, nach der Assoziation "Funke" oder "Funkeln".
Zu den begehrten roten Edel- und Schmucksteinen zählten im 12. Jahrhundert neben den roten Granat-Varietäten auch der feurige Rubin und rote Spinell.
Granat als Begleiter auf Reisen, im Kampf und nach dem Tod
Im Mittelalter sollte ein Granat gute Freunde und geliebte Familienmitglieder auf ihrer Reise begleiten, um sie vor Gefahren und Krankheiten zu beschützen. Zugleich sollte er aber auch den Reisenden den Mut, das Selbstvertrauen und die Ausdauer für dieses gefährliche Vorhaben verleihen. Denn nicht jeder, der auszog, kehrte wieder unversehrt zurück. Wegelagerer, Raufbolde und Diebe machten das Reisen in dieser Zeit zu einem riskanten Abenteuer.
Besonders rote Granate waren Symbole für Freundschaft, Treue und Vertrauen, sodass Kreuzritter diese Schmucksteine oft bei sich trugen, wenn sie zusammen ihre gefährlichen Missionen ins sogenannte "Heilige Land" antraten. Man hoffte auf treue Kameradschaft im Kampf, die Hilfe Gottes und den Schutz eines wundersamen roten Edelsteins.
Granate tauchen auch in Sagen und Legenden auf. Bei den Wikingern beispielsweise sollten sie als Grabbeigabe den Verstorbenen den Weg nach Walhalla erleichtern.
"Rote Edelsteine" im Barock
Mitte des 16. Jahrhunderts entwickelte sich die Kunstepoche des "Barocks". Ab dieser Zeit verwendete man plötzlich den Begriff "Spinell" als Synonym für alle roten Edelsteine. Er soll vom griechischen Wort "spinos" für "Funke" abstammen. Erst um die Jahrhundertwende des 18. zum 19. Jahrhundert erhält die heutige Mineralart alleinig den Namen "Spinell".
Die "roten Steine" Granat, Rubin und Spinell sind bis heute Kandidaten für Verwechslungen. Wobei sich Granat durch seine geringere Mohshärte von maximal 7,5 deutlich vom etwas härteren Spinell mit der Härte 8 und dem noch härteren Rubin mit der Härte 9 abhebt.
Die große Familie der Granate
Wer an einen Granat denkt, hat meistens einen blutroten bis schwarzroten Edelstein vor seinem inneren Auge, der in manchen Zeiten einen regelrechten Granat-Boom ausgelöst hat. Dabei handelt es sich hier um eine wahrhaft vielfältige Gruppe, die aus 16 eigenständigen Mineralien besteht. Diese zeigen ihrerseits weitere Unter-Varietäten und eigene Synonyme. So ist innerhalb der verschiedenen Granate, Varietäten und Synonyme eine unüberschaubare Vielfalt entstanden, dass Unkundige auf verlorenem Posten stehen.
Die 16 Mineralien der Granat-Gruppe
Da die meisten Namensgebungen zu Ehren verschiedener Mineralogen, Entdecker oder Wissenschaftler entstanden sind, wirkt manche Bezeichnung einiger Mineralien für Unkundige wenig einprägend.
ALMANDIN
Er ist angeblich nach der antiken Edelstein-Stadt "Alabanda" benannt (... naja) und könnte vielen als Granat-Varietät bekannt sein. Einige seiner Synonyme lauten "Allochroit", "Ceylon-Rubin", Syrischer oder "Sibirischer Granat", "Kandyspinell" oder "Vermeille", die allesamt weniger geläufig sein dürften.
Almandin-Vorkommen
Fundorte liegen vor allem in Europa (Skandinavien, Österreich), in Asien (Indien, Sri Lanka, Nepal, Thailand), Amerika (Brasilien, Alaska) und Australien.
ANDRADIT
Diese Varietät ist nach dem portugiesischen Granat-Forscher J.B. d´ Andrada e Silva benannt und hat so einige Synonyme zu bieten. Je nach Farbe und zusätzlichen Bestandteilen variieren die Bezeichnungen.
"Aplom" ist beispielsweise ein dunkelbrauner, "Pechgranat" ein schwarzer und "Topazolith" ein hellgelber Andradit. "Rothoffit" (gelbbraun) enthält Mangan und "Bredbergit" ist reich an Magnesium. Ein "Regenbogen-Granat" zeigt eine opalisierende Oberfläche und "Pyrimäit" kennzeichnet den Fundort des Andradits.
Andradit-Vorkommen
Diese Granat-Varietäten gibt es in Europa (Skandinavien, Schottland, Österreich, Italien, Deutschland), Amerika (Kanada, USA, Mexiko), Asien (Japan, Afghanistan), Afrika (Namibia) und Australien.
CALDERIT
Er ist nach dem britischen Geologen James Calder benannt und hat keine weiteren Synonyme :)
GOLDMANIT
Diese Granat-Varietät trägt seinen Namen nach M.I. Goldman und ist ebenfalls "synonymfrei".
GROSSULAR
Hier steht eine Stachelbeere (botanisch "Grossularia") als farblicher Namenspate. Diese Varietät gehört ebenfalls zu den bekannteren Granat-Varietäten, hat aber auch die meisten Synonyme zu bieten.
Einige kennzeichnen bestimmte Farbeindrücke, wie beispielsweise die grüne "Granatjade" oder der "Transvaalnephrit". Der eisenhaltige "Hessonit" ist rot, "Landerit" rosa, "Romanzowit" braungelb und "Succingranat" zeigt einen bernsteinfarben Gelbton. "Kalifornischer Rubin" beschreibt einen roten und "Leukogranat" einen farblosen Grossular.
Weitere beispielhafte Synonyme sind Gissonit, Ernita, Olyntholith, Rosolith, Telemarkit und Wiluit.
Grossular-Vorkommen
Fundorte dieser Varietäten liegen in Europa (Skandinavien, Schottland, Irland, Russland/Ural, Italien), Afrika (Kenia, Tansania, Mali, Namibia) und Amerika (USA, Kanada, Mexiko).
HENRITERMIERIT
Dieser Granat ist dem französischen Geologen Professor Henri F. Termier gewidmet und hat glücklicherweise ebenfalls keine weiteren Synonyme.
HIBSCHIT
Josef Emanuel Hibsch ist Mitte des 19. Jahrhundert in Böhmen geboren und war Anfang des 20. Jahrhunderts kurze Zeit Präsident der "Wiener mineralogischen Gesellschaft". Außerdem lehrte er die Fächer Geologie, Petrographie und Mineralogie an der "Hochschule für Bodenkultur" in Wien.
Hibschit und sein Synonym "Plazolith" sind Mischkristalle, die aus zwei Teilen "Grossular" und einem Teil der sehr seltenen Granat-Varietät "Katoit" bestehen. Feinkörniger Plazolith wiederum trägt den Namen "Rodingit".
KATOIT
Diese Varietät ist nach dem japanischen Geologen Akira Kato benannt und ist sehr selten.
KIMZEYIT (KERIMASIT)
Als seltene Granat-Varietät kommt Kimzeyit in seiner Typlokalität in "Kimzey Quarry" in Arkansas (USA) vor. Er wird auch mit dem Mineralien-Sammler Joe Kimzey verknüpft. Seit dem Jahre 2010 ist jedoch die Bezeichnung "Kerimasit" üblich.
KNORRINGIT
Zu Ehren des russischen Mineralogen Dr. Oleg von Knorring (1914-1996) ist diese Varietät des Granats benannt. Das einzige Synonym für Knorringit ist "Hanleit".
MAJORIT
Namensgeber ist hier Alan Major, der ein Assistent des australischen Experimental-Geophysikers und Geochemikers Ted Ringwood (1930-1993) war. Synonyme sind nicht bekannt.
MORIMOTOIT
Der japanische Mineralogie-Journalist Nobuo Morimoto steht hier mit seinem Namen Pate. Auch dieser Granat ist frei von Synonymen.
PYROP
Das griechische Wort "pyropos" für "feurig" hat diesem glutroten Granat seinen Namen gegeben. Hier liegt der Vergleich und das Verwechseln mit dem Edelstein "Rubin" sehr nahe. Dies spiegelt sich in einer Reihe an Synonymen wider.
Amerikanischer, Kalifornischer, Australischer oder "Böhmischer Rubin" verweisen auf die optische Ähnlichkeit, aber auch auf den Fundort der Granate. Ebenso weiss man sofort, woher ein sogenannter "Arizona Rubin", "Adelaide Rubin", "Colorado Rubin" oder "Rocky Mountain Rubin" kommt.
Allerdings darf man sich nicht durch die Bezeichnung "Rubin" irreführen lassen. Granate sind zwar beeindruckend in ihrer Farbe, aber niemals so wertvoll wie ihr namengebender Edelstein.
"Aufrichtigere" Synonyme sind hier "Rhodolith "Kap-Granat", "Vermeille-Granat" und "Vogesit". "Rhodolith" ist ein Mischkristall aus Pyrop und Almandin.
Pyrop-Vorkommen
Böhmen ist der traditionell bekannteste Fundort für Pyrop. Weitere liegen in Amerika (USA, Argentinien), Ostafrika, Madagaskar, Indien, Sri Lanka, China, Russland und Australien.
SCHORLOMIT
Wegen seiner Ähnlichkeit mit dem schwarzen Turmalin "Schörl", trägt dieser Granat den leicht abgeänderten Namen "Schorlomit". Die im finnischen Teil Lapplands gefundenen Exemplare heißen "Iwarit", diesem ähnlich ist das Synonym "Iiwaarait".
SPESSARTIN
Nach seiner historischen Fundstelle im Spessart (Stengerts) ist dieser Granat benannt. Doch er besitzt wiederum einige Synonyme, die teilweise auch bei anderen Granat-Varietäten zu finden sind. Ein Beispiel ist der schwarze "Pechgranat", der als Synonym auch beim schwarzen Andradit verwendet wird.
"Bodenbenderit", "Partschin" und leuchtend orangefarbener "Mandarin-Granat" sind jedoch einzig Synonyme für Spessartin.
Spessartin-Vorkommen
Diese Granat-Varietät taucht in Europa (Deutschland, Italien, Skandinavien), Amerika (USA, Brasilien), Asien (Sri Lanka, Indien, Pakistan, Russland) und Afrika (Madagaskar, Namibia) auf.
UWAROWIT
Sergei Semjonowitsch Uwarow (1786 -1855) war ein russischer Diplomat, Politiker und Literaturwissenschaftler. Um seine Verdienste zu würdigen, benannte man diese Granat-Varietät nach ihm.
Synonyme sind "Chromgranat" oder "Kalkochromgranat", da Uwarowit als Calcium-Chrom-Granat definiert ist.
Uwarowit-Vorkommen
Russland (Ural), Schlesien und Finnland haben diese Granat-Varietät zu bieten. Aber auch in Amerika (USA, Kanada) und im Himalaya-Gebiet gibt es Chromit-Lagerstätten, die Uwarowit führen.
"Granum" das Korn - "Granat" der Körnige
Die Bezeichnung "Granat" steht, wie oben schon beschrieben, für eine sehr große Familie von Mineralien, die eine charakteristische "körnige" Granat-Kristallstruktur zeigen. Dies erklärt, warum es so viele Varietäten und unterschiedliche Farben dieses Heilsteins gibt.
Viele verbinden mit Granaten natürlich das typische "Granatrot". Allerdings ist es eher eine zufällige Erscheinung, dass auch der sogenannte "Punica granatum" als Granatapfel oft ebenfalls dieses Rot besitzt. Denn auch hier bezieht sich der lateinische Begriff "granum" auf das "körnige" Innenleben der besagten Frucht und nicht auf die Farbe. Trotzdem denkt selten jemand an die körnige Struktur, sondern immer an die Farbe, wenn man den Begriff "Granat" hört.
Die Farbenvielfalt des Granats
Mineralien mit körnigen, charakteristisch vielflächig-rundlichen Kristallformen können nicht nur das typisch erscheinende Granatrot, sondern auch sehr unterschiedliche Farben zeigen. Die Palette reicht dabei von hellem Himbeerrot, Rotbraun, Braun, Rot- und Dunkelviolett bis hin zu Orange-, Gelb- und Grüntönen, Grau und Schwarz. Im farblichen Granat-Spektrum fehlten bis vor einiger Zeit allein Blautöne... Auch wenn inzwischen extrem rare, blaue Exemplare des Granats gefunden wurden, sollte man beim Kauf Vorsicht walten lassen, falls irgendwer "blaue Granate" anzubieten hat. Da die Farbe Blau sehr beliebt ist, könnten künstliche Manipulationen für den Markt lukrativ sein.
Die Farben der verschiedenen Varietäten
Damit man als Unkundiger realisiert, dass die Farbe keinesfalls ein sicheres Indiz für das Erkennen einer jeweiligen Granat-Varietät darstellt, soll diese Aufzählung alle Illusionen beseitigen.
Almandin
rot, rotbraun, braun, schwarz-rot bis schwarz
Andradit und seine Varietäten
grün, grünlich gelb, gelb, gelbbraun, rotbraun, braun bis schwarz
- Demantoid: leuchtend grün
- Melanit: schwarz
- Topazolith: gelbbraun bis honiggelb
- Regenbogen-Andradit: rot- bis dunkelbraun mit mehrfarbigem Schillern
Grossular und seine Varietäten
farblos, gelblich, bräunlich, grün, rosa, grau
- Hessonit: braungelb bis bräunlich orangerot
- Tsavorit: smaragdgrün
- Chrom-Grossular: kräftig grün
Pyrop und Rhodolith
blut- oder glutrot bis schwarzrot, braunorange, rosa
Rhodolith: dunkelrot bis rosa, rotviolett
Spessartin
gelb bis orange, rotbraun bis schwarzbraun
Uwarowit
dunkelgrün bis smaragdgrün
Granat als traditioneller Schmuckstein
Einige Jahrhunderte lang war der rote Schmuck- und Heilstein nach seiner mittelalterlichen Blüte als Karfunkel nicht mehr so gefragt, sodass man ihn erst Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts wiederentdeckte.
Ein Schmuckstein für das Bürgertum und den Adel
Der "Klassizismus" (etwa 1770 bis 1840) verdrängte den pompösen Barock und Rokoko, sodass sich der Zeitgeschmack radikal veränderte. Man orientierte sich an antiken, "klassischen" Vorbildern und suchte nach unaufdringlicheren Gestaltungsmöglichkeiten, ohne auf eine gewisse "Großartigkeit" verzichten zu müssen. Hier traf der Granat mit seinem geheimnisvollen, leuchtenden Dunkelrot den Nerv der damaligen Zeit. Sein festlicher, aber unaufdringlicher Glanz wirkte nicht so "protzig" wie ein Rubin und war ideal für das erstarkende Bürgertum, um sich auch äußerlich vom Adel zu distanzieren. Letzterer hatte im Rokoko noch ganz selbstverständlich verschwenderisch prunkvoll auf Kosten aller arbeitenden Stände gelebt, doch das sollte jetzt ein Ende haben.
So schmückte der "bürgerlich" geschätzte, rote Granat bald die Kolliers, Broschen, Ringe, Ohrgehänge und Armbänder der Damen in den Salons.
Der Adel machte den Granat gesellschaftsfähig
Endgültig etablieren konnte sich der Granat als Schmuckstein allerdings erst, als die österreichische Kaiserin Elisabeth, genannt „Sissi“ (1837 -1898), von ihren Untertanen aus Böhmen eine große „Parüre“ (franz. parure = Satz, Aufmachung) mit Granaten geschenkt bekam.
Seit dem 17. Jahrhundert waren solche Schmuck-Ensembles ein Statussymbol der adligen Damen und bestanden aus verschiedenen, aber gestalterisch aufeinander abgestimmten Schmuckstücken.
Als nun die Kaiserin ihren Granatschmuck zum ersten Mal in der Öffentlichkeit an sich selbst präsentierte, machte sie damit den schlichten Schmuckstein "Granat" plötzlich auch in der adligen Wiener Gesellschaft hoffähig.
Der "Lieblingsstein" des 18. und 19. Jahrhunderts
Auch wenn die Granat-Gruppe eine Vielzahl an farblichen Varietäten bereithält, so sind in der Regel bis heute immer noch die roten bis rotvioletten Granate besondere Anwärter für die Herstellung von Granat-Schmuck. Jedoch war und ist kaum ein anderer Schmuck- oder Edelstein so den zeitlich begrenzten Modetrends unterworfen, wie der blut- oder glutrote Granat.
Granat in Krisenzeiten
Vor allem im 18. und 19. Jahrhundert bis Anfang des 20. Jahrhunderts erlebte der Granat direkt nach den jeweiligen Kriegen eine Blütezeit. Während dieser Krisenzeiten und Aufbauphasen nach verheerender Zerstörung avancierte er oft zum "Lieblingsstein" vieler Schmuckträgerinnen.
Granat ist in der Romantik, im Realismus, Impressionismus und Jugendstil zu finden, verliert jedoch nach dem zweiten Weltkrieg in den 50er Jahren wieder völlig an Bedeutung.
Besonders begehrt war jedoch immer der rubinfarbene "Böhmische Granat" (Pyrop), der bis heute den besonderen Charakter von böhmischem Granatschmuck ausmacht. Nachdem der rote "Krisenstein" in Zeiten des wirtschaftlichen Aufschwungs Mitte des 20. Jahrhunderts an Bedeutung verloren hatte, taugte er maximal noch als günstiger "Ersatz" für Rubine. Einzig die Generation der Großeltern besaß noch Granatschmuck, aber für ein öffentliches Tragen erschien er nun nicht mehr modern genug.
Granat-Schmuck für moderne Zeit
Lange Zeit galt Granat als "Edelstein des kleinen Mannes", da er deutlich preiswerter als Rubin war. Um die Illusion eines Rubins zu erzeugen, entstanden für Granate je nach Fundort unterschiedliche Synonyme, wie beispielsweise "Kap-Rubin", der auch heute noch wegen seines ähnlichen Rubinrots sehr beliebt ist. In Form geschliffen, lässt er sich schwer von echten Rubinen unterscheiden.
Einige Jahrzehnte fristete der einst so beliebte Schmuckstein ein wahres Schattendasein, bis er nun endlich auch außerhalb von "Böhmen" wieder an Bedeutung gewinnt. In der heutigen Goldschmiede-Kunst und im Schmuck-Design tauchen inzwischen immer öfter traditionelle, aber auch moderne Schmuck-Kreationen mit Granaten auf.
Granat-Varietäten im Vormarsch
Neben den verhältnismäßig günstigen, charakteristisch roten Granaten, hat man inzwischen auch die Farben der verschiedenen Varietäten entdeckt. Recht teuer ist dabei dunkel- bis smaragdgrüner Uwarowit, der eine echte Rarität unter den Granaten darstellt. Auch der vielfältige Andradit mit seinen verschiedenen Varietäten, ist eine Seltenheit und deshalb kein Schnäppchen. Aber seine Farbenvielfalt, die von Honiggelb, Rotbraun bis leuchtendes Grün reicht, macht ihn zu einem vielseitigen Schmuckstein.
Noch wenig bekannt dürfte die leuchtend orangerote Varietät des Spessartin sein, die das Synonym "Mandarin-Granat" trägt. Auch die Grossular-Varietät "Hessonit" ist mit seinem bräunlichen Gelb und Orange eine attraktive Form des Granats, und trägt daher auch den Beinamen "Zimtstein".
Wie entsteht Granat?
Bei der Bildung metamorpher Gesteine entstehen tertiär die allermeisten Granate. Sie treten entweder in massiver Form oder aber körnig, oft auch als große Kristalle auf. Dabei findet man sie häufig in den "Metamorphiten" Gneis, Glimmerschiefer und Eklogit.
Allerdings kommen Granate auch selten in "Magmatiten", die aus erstarrter Gesteinsschmelze entstanden sind, und Strand- und Flusssedimenten vor.
Die Umgebung prägt
Es macht einen Unterschied, ob Granate sich in metamorphem Gestein (z.B. Glimmerschiefer), Tiefengestein (z.B. Granit) oder Vulkangestein (z.B. Basalt) bilden. Denn das umgebende Gestein ist für die unterschiedlichen, chemischen Zusammensetzungen der jeweiligen Granat-Varietäten verantwortlich. So bildet sich beispielsweise Pyrop (reich an Magnesium) nur in Peridotiten oder Serpentiniten in der Tiefe des Erdmantels. Chromhaltiges Serpentinit-Gestein wiederum lässt die Rarität "Uwarowit" entstehen.
Die Temperatur macht den Unterschied
Während einer Metamorphose von grobkörnigen Silikat-Sedimentgesteinen (Peliten), spielt die herrschende Temperatur eine wesentliche Rolle bei der Entstehung der jeweiligen Granat-Varietäten.
Spessartin, Almandin oder Pyrop?
Bei verhältnismäßig niederen Temperaturen entsteht zuerst der Mangan-Tonerde-Granat "Spessartin". Erst ab etwa 450° C kann sich "Almandin" bilden. Dabei findet man Almandin hauptsächlich in Glimmerschiefer, Gneis, Granulit und Amphibolit.
Erhöhen sich die Temperaturen weiterhin auf über 600° C und außerdem der Druck in der Tiefe der Erde, entsteht der magnesiumreiche "Pyrop". Daher findet man Pyrop meistens in Eklogit, Peridotit oder Vulkangesteinen (z.B. Basalt-Brekzien, Kimberlit).
Allerdings ab 900° C kann sich entstandener Granat wieder abbauen und sich in Quarz und den wertvollen Edelstein "Spinell" umwandeln. Herrscht dabei noch sehr hoher Druck, bilden sich die Kettensilikate "Orthopyroxen" und "Sillimanit".
Manche Granate brauchen hohen Druck
In metamorphen Gesteinen aus basischen Magmatiten (z.B. Basalt) treten Granate gesteinsbildend in dem sehr dichten metamorphen Silikatgestein "Eklogit" auf. Während sich "Granulit" als metamorph kristalliner Schiefer unter sehr hohem Druck (ab etwa 10kBar) und hohen Temperaturen (ab etwa 900° C) in Eklogit umwandelt, können Granate wie Pyrop und Grossular entstehen.
Granate aus einer Metasomatose
Treffen saure Magmatite auf Karbonat-Gesteine, können Granate als Reaktionsprodukte entstehen. Während sich die ursprünglichen Gesteine unter Einfluss von Lösungen und Dämpfen durch Stoffaustausch (Metasomatose) in "Skarne" umwandeln, können sich als "Nebenprodukt" auch oft Granate bilden. Skarne sind unter anderem die Ursprungsgesteine der Granat-Varietäten "Andradit", "Grossular" und "Spessartin".
Die charakteristischen Merkmale eines Granats
Obwohl die Granat-Familie so vielfältig ist, gibt es natürlich einige Eigenschaften, die sie alle verbindet. Granate gehören zu der Mineralklasse der "Insel-Silikate", deren Moleküle durch Spuren verschiedener Metalle ergänzt werden.
Die Metallkombi macht das Granat-Mineral aus
Granate besitzen zwei- und dreiwertige, metallische Mineralstoffe in ihrem Gefüge. Dabei gehören
Eisen (Fe), Magnesium (Mg), Mangan (Mn) oder Calcium (Ca) zu den möglichen zweiwertigen Metallen. Für dreiwertige Metalle kommen beispielsweise auch Chrom (Cr), Aluminium (Al), Titan (Ti), Vanadium (V) oder Zirkonium (Zr) in Frage.
Je nachdem welche Metalle kombiniert in einem Mineral vorzufinden sind, ergibt sich die Definition für das jeweilige Granat-Mineral. Dementsprechend kann man beispielsweise "Pyrop" als ein "Magnesium-Aluminium-Insel-Silikat" und "Almandin" als ein "Eisen-Aluminium-Insel-Silikat" beschreiben.
Durch die Beimengung verschiedener Fremdstoffe entstehen Granat-Untervarietäten, ebenso durch die Bildung von Mischkristallen aus unterschiedlichen Granat-Arten. "Rhodolith" ist beispielsweise ein Mischkristall aus Pyrop und Almandin.
Kristallsystem, Transparenz und Glanz
Granate kristallisieren alle im "Kubischen Kristallsystem", bis auf eine Ausnahme. Der sehr seltene "Hernitermierit" gehört ausnahmsweise zum "Tetragonalen Kristallsystem".
Die kubische Symmetrie des Granats lässt hier üblicherweise die Kristallformen eines zwölfflächigen Rhomben-Dodekaeders oder 24-flächigen Ikositetraeders (Polyeder) zu. Sehr selten kommen Würfel oder Oktaeder vor. Dabei sind Granat-Kristalle entweder zu kantigen Aggregaten verwachsen oder aber als einzelne, größere Kristalle von Muttergestein umschlossen.
Die Transparenz von Granaten reicht von undurchsichtig bis durchsichtig. Als Rohstein mit rauen und rissigen Außenflächen ist das Mineral meistens matt, glatte Oberflächen zeigen jedoch schönen Glasglanz.
Strichfarbe, Härte und Dichte
Bis auf die schwarze, titan-haltige Andradit-Varietät "Melanit" (hellbrauner Strich) zeigen alle anderen Granate eine weiße Strichfarbe. Ihre Mohshärte liegt zwischen 6,5 und 7,5, was Granate nicht nur für die Schmuckindustrie interessant macht. Außerdem hat Granat die höchste Dichte von 3,5 bis 4,5 unter den Steinen vorzuweisen.
Diese hohe Härte und Dichte machen den roten Schmuck- und Heilstein auch zu einem effektiven Hilfs- und Rohstoff (z.B. Schleifmittel beim Sandstrahlen und Wasserstrahl-Schneiden) für die Industrie. Künstlich erzeugte Granate verwendet man in der Feinmechanik und Optik.
Farbenwechsel extrem selten
Seine ganze Farbpracht zeigt ein Granat vor allem bei natürlichem Tageslicht. Künstliches Licht hat meistens ein reduziertes Spektrum an Lichtwellen, was den optischen Eindruck des Steines in wenigen Sekunden verändern kann. Besonders deutlich wird dies bei dem extrem selten vorkommenden "Blauen Granat", der einen sogenannten "Alexandrit-Effekt" zeigt. Ähnlich wie bei dem chromhaltigen Chrysoberyll "Alexandrit", der hier als Namensgeber fungiert, verändert sich auch bei diesem besonderen Granat die Farbe, sobald die Lichtquelle wechselt ("Changieren").
Fundorte für den "Farbwechsel-Granat"
Farbwechselnde Granate stammen meistens aus Madagaskar oder Tansania. Diese als "Farbwechsel-Granat" angebotene Seltenheiten können bei Tageslicht blau erscheinen, aber unter Kunstlicht rot bis violett leuchten. Ein "Echtheitszertifikat" ist beim Kauf dieser Raritäten ein Muss. Selten ist auch der "Kamtonga-Farbwechsel-Granat" aus Kenia. Er zeigt einen sanften Farbwechsel zwischen verschiedenen Braun- bzw. Gelbbraun-Tönen (Zwiebel-Farbwechsel) und verfügt über einen schönen Glanz.