Die Granat-Varietät "Spessartin"
Das verhältnismäßig seltene Mangan-Aluminium-Silikat "Spessartin" gehört zur Granat-Familie, die eine große Vielfalt zeigt. Auch wenn die Mitglieder dieser Gruppe teilweise in ihrer chemischen Zusammensetzung sehr verschieden sind, so werden sie doch durch vier gemeinsame Merkmale definiert. Alle Granate entstehen vorwiegend tertiär, gehören derselben Mineralklasse an und kristallisieren im selben Kristallsystem. Außerdem existiert in der stofflichen Zusammensetzung, trotz deutlicher Unterschiede, auch eine klare Regel, der alle Granat-Varietäten gleichermaßen folgen.
Die "Tertiäre Bildung" als Granat-Merkmal
Alle Granate entstehen überwiegend tertiäre (metamorph) bei der Bildung von Tertiär-Gesteinen wie beispielsweise kristalliner Schiefer. Spessartin findet man jedoch nicht nur als Produkt einer Regionalmetamorphose in Sedimenten mit hohem Mangan-Gehalt, sondern auch in magmatisch entstandenen Tiefengesteinen (Plutoniten) wie Granit und in Granit-Pegmatiten. Dann stammt Spessartin aus einer "Primären Bildung" und ist ein Nebenmineral des magmatischen Gesteins, das etwa 1 bis 5 % Anteile ausmacht. Doch bei beiden Möglichkeiten ist Mangan-Reichtum eine Voraussetzung, damit sich die Granat-Varietät "Spessartin" bilden kann.
Begleitminerale des Spessartins
Im Bereich der Spessartin-Vorkommen finden sich oft auch andere Mineralien, die teilweise ebenfalls zu den Silikaten gehören, wie beispielsweise Albit, Beryll, Muskovit, Rhodonit, Turmalin oder Topas. Aber auch einige Oxide (Quarz, Galaxit, Pseudobrookit) kommen mit Spessartin in Paragenese vor, die eine charakteristische Vergesellschaftung verschiedener Minerale am selben Bildungsort beschreibt.
Seltene Formen und Paragenesen
Besondere Spessartin-Funde stammen beispielsweise aus Brasilien, wo vereinzelte, über 7 cm große Exemplare eine eher ungewöhnliche Wachstumsform und weinrote Farbe zeigen. In China wiederum findet man Spessartin vergesellschaftet mit Alkalifeldspat "Adular", Fluorit und Quarz, während in Pakistan Funde des Spessartins auftauchen, die zusammen mit Aquamarin (Beryll) und schwarzem Turmalin (Schörl) auf einem "Albit-Grund" verwachsen sind.
Typlokalität und heutige Vorkommen
Erstmals entdeckt und wissenschaftlich beschrieben wurde ein "Braunsteinerz" mit der Form eines Granats Ende des 18. Jahrhunderts. Jedoch erst 35 Jahre später prägte der französische Geologe und Mineraloge "F. S. Beudant" im Jahre 1832 die heute noch gültige Bezeichnung "Spessartin" nach dem Mittelgebirge "Spessart". Dort befindet sich der Berg "Stengerts" (nahe Aschaffenburg), der ein historisch bedeutsamer Fundort für Spessartin war.
Als Typlokalität gilt allerdings der Sommer´sche Steinbruch am "Wendelberg" nahe der Gemeinde "Haibach", die ebenfalls zum unterfränkischen Landkreis "Aschaffenburg" gehört. Inzwischen ist das Gebiet jedoch ein botanisches Naturdenkmal, das jeglichen Abbau und unbefugtes Betreten verbietet.
Weltweite Spessartin-Vorkommen
Deutsche Fundorte liegen nicht nur im Spessart und Bayerischen Wald, sondern auch im Steinbruch "Klemmbach" in Baden-Württemberg (Badenweiler / Breisgau), in Niedersachsen bei Bad Harzburg und in Rheinland-Pfalz (Eifel). Weitere Vorkommen existieren ebenso im Harz zwischen Thüringen und Sachsen-Anhalt sowie in Sachsen im Erzgebirge (z. B. bei Schneeberg).
Europäische Fundländer
Neben Deutschland findet man Spessartin auch unter anderem in Österreich, in der Schweiz, Belgien, Schweden, Norwegen, Großbritannien, Finnland, Frankreich, Italien, Spanien, Portugal, Griechenland, Ungarn, Bulgarien und Polen.
Spessartin aus Amerika, Afrika, Asien...
Nennenswerte Vorkommen an Spessartin liegen auf dem amerikanischen Doppelkontinent vor allem in Kanada und in der USA sowie Chile und Peru, aber auch aus dem südlichen Argentinien, Brasilien und Bolivien kommt diese Granat-Varietät. Afrikanische Spessartine stammen beispielsweise aus Nigeria, Namibia, Ghana, Marokko, Ägypten, Madagaskar, Südafrika und Tansania, während asiatische Vorkommen vor allem in Indien, China, Taiwan, Japan, Sri Lanka und Thailand liegen. Aber auch in Australien, Neuseeland und in der Antarktis hat man inzwischen Spessartin gefunden, der anscheinend nicht nur weltweit vorkommt, denn selbst in Gesteinsproben des Mondes konnte man Spessartin nachweisen.
Mineralklasse und Kristallsystem aller Granate
Auch wenn die Mitglieder der Granat-Familie ziemlich unterschiedlich in ihrer Zusammensetzung und Farbe sind, so gehören sie doch alle zur Mineralklasse der "Silikate und Germanate". In einer weiteren Unterteilung zeigt Spessartin als Mangan-Aluminium-Silikat wie alle Granate außerdem strukturelle Merkmale eines "Insel-Silikats".
Kubisches Kristallsystem
Ohne Ausnahme kristallisieren alle Granate gleich und zeigen typische, kubische Kristallstrukturen, wobei in der Regel durchscheinende bis durchsichtige Kristalle in der fast kugeligen Form mit Flächen eines Ikositetraeders oder Rhombendodekaeders entstehen. Auch Kombinationen dieser beiden kubischen Formen kommen vor. Spessartin-Kristalle können einen Durchmesser von bis zu 10 Zentimetern erreichen, allerdings sind diese Größen eher selten. Außerdem kann man diese Granat-Varietät auch in derben und massigen Aggregaten finden.
Die "Granat-Regel" gilt auch für Spessartin
Bei allen Unterschieden in der stofflichen Zusammensetzung, folgt diese trotzdem einem gemeinsamen Muster, denn die chemische Zusammensetzung aller Granate besteht immer aus zweiwertigen Metallionen und dreiwertigen Metallionen sowie Molekülen des Insel-Silikats (SiO). Spessartin besteht somit aus zweiwertigen Aluminium-Ionen, dreiwertigen Mangan-Ionen und Inselsilikat-Molekülen im "Granat-Verhältnis" 3 : 2 : 3.
Spessartin-Besonderheiten
Da alle Granate meistens Mischkristalle untereinander bilden, ist eine eindeutige Bestimmung und Klassifizierung oft ziemlich schwierig und kostenintensiv. Deshalb hat sich im Handel eine vereinfachte Unterteilung der verschiedenen Granate nach dem farblichen Eindruck eingebürgert. Demnach erhalten gelbe bis orangefarbene Granate die Bezeichnung "Spessartin", während man rote bis braune Exemplare zu Almandin oder Hessonit rechnet und dunkelrote Granate entweder Pyrop oder Rhodolith nennt.
Varietäten des Spessartins
Gleich zu Beginn soll darauf hingewiesen werden, dass das magmatische Ganggestein "Spessartit" KEIN SYNONYM für den Granat "Spessartin" ist, auch wenn diese Verknüpfung fälschlicherweise manchmal auftaucht und rein namenstechnisch logisch erscheint.
Hier handelt es sich nämlich um ein opakes, dunkelgrau bis schwarzes Mitglied der "Lamprophyren" aus der Kersantit-Spessartit-Reihe, das überhaupt keine Verwandtschaft mit Granaten, insbesondere Spessartin hat.
Mandarin-Granate
Diese Varietät des Spessartins leuchtet in einem intensiven Orange, das auf einen besonders hohen Mangan-Gehalt hinweist. Vorkommen der seltenen Mandarin-Granate liegen vor allem in den afrikanischen Ländern Namibia, Nigeria, Mosambik oder Tansania. Da diese beindruckenden "steinernen Mandarinen" in bester Qualität bevorzugt in der Umgebung des afrikanischen Flusses "Kunene" in Namibia auftauchen, erscheinen diese Spessartine im Handel oft auch unter der Bezeichnung "Kunene-Spessartin".
Allerdings gibt es auch in den USA Fundorte des orange leuchtenden Spessartins, dessen Farbe an eine reife Mandarine erinnert.
Malaya-Granate
Auch wenn manche orangefarbenen Exemplare eine optische Ähnlichkeit mit Mandarin-Granaten zeigen können, beschreibt der Begriff "Malaya" das Granat-Farbspektrum "Orange bis Rosa". Das warme "Malaya-Orange" erreicht allerdings nicht wirklich die leuchtende Qualität eines typischen Mandarin-Granats aus Namibia.
Obwohl sich Malaya-Granate als Mischkristalle präsentieren, die oft aus Spessartin, Almandin und Pyrop bestehen, so zählen sie dennoch nicht zu den Spessartin-Varietäten. Malaya-Farben findet man im Osten Afrikas, Tansania und Kenia.
Umbalith
Diese orangefarbene, ehemalige Spessartin-Varietät ist in Wahrheit ebenso wie Malaya-Granat ein Mischkristall, der zusätzliche Anteile der Granate "Almandin", "Grossular" und "Pyrop" besitzt. Dadurch entsteht eine ganz besondere Farbigkeit, die an den Farbwechsel des "Alexandrits" erinnert, dessen Farbe durch die jeweilige Lichtquelle (Sonnen- oder Kunstlicht) maßgeblich beeinflusst wird. Umbalith ist nach dem Fluss "Umba" und seinem Tal im Nordosten des afrikanischen Landes "Tansania" benannt, wo die Funde eine besonders hohe Qualität erreichen können.
Ein seltener Edelstein
Auf dem heutigen Markt taucht die Bezeichnung "Umbalith" als Handelsnamen für einen Granat in Edelstein-Qualität auf. Seine Schönheit ist geprägt durch einen einzigartigen Farbwechsel von Blaugrün-Tönen nach Purpur- bis Dunkelrot-Tönen. Außerdem beschreiben manche Quellen den Granat "Umbalith" auch als die Edelstein-Qualität der Granat-Varietät "Rhodolith".
Spandit
Auch der Mischkristall "Spandit", der sich aus Spessartin- und Andradit-Anteilen zusammensetzt, zählt heute nicht mehr zu den Spessartin-Varietäten. Selbst die Bezeichnung "Spandit" konnte sich lange nicht durchsetzen. Inzwischen ist sie jedoch für Granat-Mischkristalle mit den Endgliedern "Spessartin" (Sp) und "Andradit" (Sp... + An...dit = Spandit) etabliert.
Übliche Mischreihen des Spessartins
Die sogenannte "Pyralspit-Reihe" präsentiert Spessartin (Mangan-Aluminium) mit Almandin (Eisen-Aluminium) und Pyrop (Magnesium-Aluminium) in unterschiedlichen Mischverhältnissen, wobei hier jeweils die dreiwertigen Metallionen den prägenden Unterschied machen.
Komplizierte Bestimmung durch Mischkristall-Bildung
Auch Mischkristall-Bildungen mit den Granat-Mineralen Grossular (Calcium-Aluminium), Andradit (Calcium-Eisen) und Calderit (Mangan-Eisen) sind möglich, sodass Spessartin aufgrund der vielfältigen Zusammensetzungen eine große Bandbreite an Mineralien zeigen kann. Dadurch war eine größere Farbenvielfalt (früher: gelb, orange, rotbraun, braun bis schwarzbraun) gegeben, die jedoch inzwischen in der allgemeinen Definition des Spessartins auf Orange- und Gelb-Töne reduziert wurde. Der Einfachheit wegen tragen gelbe bis orangefarbene Varietäten nun im Handel den Namen "Spessartin", da sie den höchsten Mangan-, und somit "Spessartin-Anteil" garantieren.
Bestimmungsmerkmale und Verwechslungen
Mit einer hohen Mohshärte von 7 bis 7,5 und Dichte (4,19), liegt Spessartin im charakteristischen Granat-Bereich. Im Vergleich zu manchen Granaten, die sich wenigstens unvollkommen spalten lassen, besitzt Spessartin jedoch keine Spaltbarkeit und präsentiert einen unebenen bis muscheligen Bruch. Trotz seiner teilweise intensiven Orange-Färbung (Mandarin-Granat), zeigt er immer eine weiße Strichfarbe. Seine durchscheinende bis durchsichtige Transparenz, die Edelstein-Qualität erreichen kann, ist meistens mit Fett- bis Glasglanz kombiniert.
Bei Spessartinen mit Fluor-Gehalt aus einer Lagerstätte in Colorado (USA) konnte man außerdem eine seltene "Doppelbrechung" beobachten, deren Ursache jedoch wissenschaftlich noch nicht überzeugend geklärt ist.
Optisch ähnliche Schmuck- und Heilsteine
Da Spessartin als gelber bis orangefarbener Granat definiert wird, kommen auch entsprechend gefärbte Schmuck- und Edelsteine für eine Verwechslung in Frage. So kann man Spessartin je nach farblicher Ausprägung vor allem mit anderen Granaten wie Hessonit (Grossular-Varietät) und Inselsilikaten wie Andalusit, Titanit oder Topas verwechseln. Aber auch Chrysoberyll und Feueropal aus der Mineralklasse der Oxide liegen in diesem Farbspektrum.
Unterscheidende Merkmale
Hessonit ist ein Calcium-Aluminium-Eisen-Silikat und eine Untervarietät des Grossulars. Sein Farbspektrum bewegt sich im bräunlich gelben bis bräunlich orangeroten Bereich, der zur Klassifizierung dient, denn durch die Granat-Bestimmungsmerkmale wie Härte und Dichte lässt sich ein Unterschied nur schwerlich bestimmen. Eine attraktive Hessonit-Qualität besticht durch ihre warmen Gelb- bis Zimtbraun-Töne und durch honiggelbe Einschlüsse, die bei Spessartin nicht zu finden sind.
Andalusit und Titanit (Sphen)
Bräunlich roter bis fleischroter Andalusit erreicht nur selten die charakteristische Farbe des Spessartins. Das Alumosilikat unterscheidet sich außerdem durch eine deutlich geringere Dichte (3,12 - 3,18).
Gelber bis rotbrauner Titanit ist ein sehr seltenes Calcium-Titan-Silikat aus der Andalusit-Gruppe, dessen geringere Dichte (3,52 - 3,54), aber vor allem Mohshärte (5 - 5,5) den Unterschied ausmachen. Zudem lässt sich Titanit im Gegensatz zu Spessartin vollkommen spalten.
Topas
Goldgelber Imperial-Topas (Aluminium-Silikat) besitzt eine niedrigere Dichte (3,53 - 3,56) als Spessartin, allerdings ist das wichtigste Unterscheidungsmerkmal die hohe Topas-Härte von 8, die ihn unter anderem zum Edelstein macht. Ein weiteres unterscheidendes Bestimmungsmerkmal ist die vollkommene Spaltbarkeit eines Topases.
Chrysoberyll und Feueropal
Das Aluminium-Beryllium-Oxid "Chrysoberyll" erreicht einen goldgelben Farbton, der im Farbspektrum des Spessartins liegt. Aber der Edelstein besitzt eine hohe Härte von 8,5, sodass hier eine klare Unterscheidung möglich ist.
Ein Feueropal ohne Farbenspiel kann Spessartin sehr ähnlich sehen, allerdings liegt seine geringe Dichte bei etwa 2 und seine Härte bei maximal 6, sodass das feurige, "quasi-amorphe" Mitglied der vielfältigen "Opal-Familie" schnell erkannt ist.