Die Skapolith-Gruppe
Im Allgemeinen verwendet man die Kurzbezeichnung "Skapolith" für die Mischkristalle der Minerale "Marialith" und "Mejonit", die eigentlich gemeinsam mit "Silvialith" die sogenannte "Skapolith-Gruppe" bilden. In dieser "lückenlosen Mischkristall-Reihe" treten alle möglichen Mischverhältnisse der beiden Gerüstalumosilikate auf, sodass man Skapolith in "reich an Marialith", gleichgewichtig verteilt "intermediär" und "reich an Mejonit" einteilt. Diese Serien unterscheiden sich strukturell hauptsächlich durch die Verteilung des Aluminiums (Al) und Siliciums (Si) im Alumosilikat-Gefüge.
Der "Stab-Stein"
Seit dem Jahre 1800 existieren die beiden Bezeichnungen "Skapolith" und "Wernerit", die der brasilianische Mineraloge "José B. de Andrada e Silva" zeitgleich in seiner wissenschaftlichen Arbeit einführte. Über fast zwei Jahrhunderte tauchten die genannten Begriffe abwechselnd als Varietäten, Gruppenbezeichnungen oder Synonyme dieser Gerüstsilikate auf, bis schließlich die "Commission on New Minerals and Mineral Names" (CNMMN) im Jahre 1997 einen Schlussstrich unter das Namenwirrwarr setzte.
Kurzerhand erklärte man "Wernerit" als für veraltet und schuf die "Skapolith-Gruppe", die bis heute gültig ist. Dabei setzt sich der wissenschaftliche Name aus dem griechischen "skapo" für "Stab" und "litho" für "Stein" zusammen, was die Optik des Mineralgemischs treffend beschreibt. Denn Skapolith bildet tatsächlich im Idealfall lange, strahlige Kristallformen mit gut sichtbaren längs gestreiften Riefen auf den Flächen der Prismen.
Synonyme und Varietäten des Skapoliths
Obwohl der Begriff "Wernerit" als Synonym inzwischen kaum noch genutzt wird, existieren doch einige andere Bezeichnungen, die sich teilweise auf den Zustand oder die Farbe des Skapoliths beziehen. "Glaukolith" ist beispielsweise ein blauer und "Petschit" ein violetter Skapolith, während "Algerit" der Name für Exemplare ist, die sich in einem Zersetzungszustand befinden. Weitere Synonyme sind Arktizit, Chelmsfodit, Fuscit, Rhapidolith, Scapolith und Sodait sowie die aus der Bergmannssprache stammenden Namen "Elainspat" und "Schmelzstein" (Dipyr).
Dipyr (reich an Natrium und Chlor) und Mizzonit (reich an Natrium) nennt man die Zwischenglieder der "Skapolith-Mischkristall-Reihe", deren Endglieder durch Marialith und Mejonit gebildet werden. Meistens erscheint intermediärer Mizzonit mit der Kurzbezeichnung "Skapolith" auf dem Markt, der dominante Anteile des Minerals "Marialith" besitzt.
Skapolith-Entstehung und Kristallsystem
Der Mischkristall "Marialith-Mejonit" kann sowohl primär als auch tertiär entstehen, was zu unterschiedlichen Erscheinungsbildern führt. So erscheint Skapolith einerseits als prismatischer Kristall, der verschiedene Färbungen haben kann, andererseits bildet er in Gesteinen aber auch einzelne Körner und derbe Massen, die sogar gesteinsbildend sein können.
Primäre Bildung
Durch pneumatolytische Vorgänge in den Hohlräumen von Vulkangesteinen kann Skapolith primär entstehen. Deshalb treten in Drusen prismatische, längsgestreifte Kristalle auf, die im "Tetragonalen Kristallsystem" auskristallisiert sind. Die teilweise strahlenförmigen und stängel- bis säulenartigen Aggregate des Skapoliths (Schaft- oder Stabstein) waren einst der Anlass für die griechische Namenschöpfung.
Stäbchen- bis Stab-Kristalle
Tatsächlich können Skapolith-Kristalle nach heutigem Wissensstand über einen Meter lang werden, sodass man durchaus von einem "Kristallstab" sprechen kann. Dabei sind die gestreckten Flächen der Prismen typisch für die Kristallform und meistens durch gut sichtbare, längsgeriefte Streifen gekennzeichnet. Die "Kristallstäbchen" an sich sind häufig von Flächen begrenzt, die eine Pyramide bilden.
Tertiäre Bildung
Wenn alkalisches oder saures Magma auf Kalksteine oder Dolomitgestein einwirkt, kann Skapolith ebenso tertiär durch eine Kontakt-Metasomatose entstehen. Bei einer "Tertiären Bildung" spielt zudem oft das Einwirken von Chlor auf Feldspat eine Rolle. So findet man einzelne Skapolith-Körner in den entsprechenden Gesteinen, aber ebenso derbe, dichte und körnige Skapolith-Massen, die selbst gesteinsbildend sein können.
Merkmale und Verwechslungen
Skapolith gehört allgemein zur Mineralklasse der "Gerüst-Silikate" und im Speziellen durch seinen prägenden Aluminium-Silicium-Anteil zu den Alumosilikaten. Als Schmuck- und Heilstein spielen allerdings eigentlich nur seine attraktiven Kristalle eine Rolle, die in ihrer besten Qualität eine durchsichtige Transparenz mit Glasglanz zeigen. Charakteristisch sind dabei oft die oben schon beschriebenen Riefen in Längsrichtung auf den Flächen der Prismen.
Bestimmungsmerkmale und Manipulation
Mit einer Mohshärte von 5 bis 6,5 kann Skapolith teilweise über dem mittleren Härtebereich liegen. Er besitzt eine Dichte von 2,5 bis 2,8 und zeigt eine weiße Strichfarbe. Als Kristall ist seine Transparenz durchscheinend und in seiner besten Qualität sogar durchsichtig, was Skapolith zu einem seltenen Schmuckstein macht.
Farbiges Nachleuchten
Ein weiteres Bestimmungsmerkmal ist die Fluoreszenz dieses Schmuck- und Heilsteins, die sich unter der Einwirkung von UV-Licht zeigt. Hier ist eine "spontane Emission" an farbigem Leuchten erkennbar, direkt nachdem das Licht wieder ausgeschaltet wurde. Skapolith fluoresziert meistens in Orange bis strahlend Gelb, manchmal aber auch in einem feurigen Rot. Diese Eigenschaft macht Skapolith beispielsweise zu einem effektvollen Zuschlagstoff in Terrazzo-Böden, die nach Bestrahlung mit UV-Licht im Dunkeln fleckenhaft nachleuchten.
Die Skapolith-Farben
Eigentlich ist Skapolith farblos, doch er kann durch färbende Fremdstoffe ebenso gelbe, rote, rosa, braune, blaue, violette oder graue Kristalle präsentieren, die einen attraktiven Glasglanz zeigen. An Spalt- und Bruchflächen entsteht mitunter aber auch Perlmuttglanz, denn Skapolith besitzt eine vollkommene Spaltbarkeit und seine spröden Bruchstellen zeigen eine muschelige Oberfläche.
Beispielhafte Fundorte
Bei der farblichen Erscheinung eines Kristalls spielen die stofflichen Bestandteile am Bildungsort eine entscheidende Rolle. Färbende Spurenelemente (oft Metalle) hinterlassen in eigentlich farblosen Kristallen dann ihre "farblichen Spuren". Bei Einschlüssen von Graphit beispielsweise entsteht eine graue bis schwarze Trübung des Kristalls, wobei die Strichfarbe trotzdem weiß bleibt. Diese grau-schwarze Skapolith-Varietät findet man häufig in Kanada, deren Kristalle eine beachtliche Größe erreichen können.
Exemplare in verschiedenen Gelb- bis Brauntönen stammen oft aus Tansania, während sich blauer bis violetter Skapolith beispielsweise in Afghanistan gebildet hat. Die ursprünglich farblose Form des Skapoliths kann vor allem Madagaskar bieten.
Unnatürliche Klarheit
Da man durch Brennen der Skapolith-Kristalle durchscheinende Exemplare "klären" kann, und sich somit ihre optische Qualität deutlich verbessert, kann man niemals sicher sein, ob man einen unmanipulierten, von Natur aus durchsichtigen Schmuckstein in Händen hält. Für die Schmuckherstellung ist dieser Umstand weniger von Bedeutung, allerdings für eine therapeutische Verwendung sollte man auf optische Reize zugunsten einer Natürlichkeit lieber verzichten.
Ähnliche Schmucksteine
Neben den erwähnten, gebrannten Skapolith-Kristallen, kann man diesen Schmuckstein außerdem mit farblich entsprechenden Beryllen, Chrysoberyllen oder Citrinen (Gelbtöne) verwechseln, die man allesamt zur Unterscheidung oft gemmologisch prüfen muss. Aber auch durchsichtiger Feldspat kann Skapolith sehr ähnlich sehen. Auch hier muss zur Unterscheidung eine fachkundige Untersuchung herhalten. Aber auch Verwechslungen mit den Quarzen Rosenquarz (rosa) und Amethyst (violett) sowie mit Titanit (Braungelb- und Rottöne) und entsprechenden Farbvarietäten des Turmalins sind möglich.
Die Härte macht den Unterschied
Entscheidendes Merkmal ist hier hauptsächlich die Mohshärte, die Edelsteine wie Beryll (7,5 - 8), Chrysoberyll (8,5) oder Citrin (7) eindeutig von Skapolith (5 - 6,5) unterscheidet. Auch Quarze (7) und Turmaline (7 - 7,5) sind schnell über den Härtegrad entlarvt.
Dichte, Glanz und Feuer als Unterscheidungsmerkmale
Allerdings bei Titanit (5 - 5,5) und Feldspat (6 - 6,5) ist die Härte kein eindeutiges Indiz, sodass man andere Charakteristika prüfen muss. Titanit unterscheidet sich hauptsächlich durch eine höhere Dichte von 3,48 bis 3,6 und im geschliffenen Zustand durch seinen attraktiven Diamantglanz. Außerdem hat der monokline Titanit eine hohe "Doppelbrechung", die im Brillantschliff ein besonderes Feuer erweckt.
Bruch und Fluoreszenz
Grundsätzlich gestaltet sich jedoch die Abgrenzung "Feldspat oder Skapolith" insgesamt recht schwierig, denn nicht nur die Härte ist ähnlich, sondern auch die Dichte, Strichfarbe und Transparenz. Beide lassen sich vollkommen spalten, einzig der unebene Bruch des Feldspats unterscheidet sich von der muscheligen, spröden Bruchstelle eines Skapoliths. Außerdem zeigt Feldspat in den meisten Fällen keine Fluoreszenz, falls doch, dann nur in Weiß, Weißgelb oder Grau.