Schörl - ein "unnützes Erz" mit großer Wirkung
Seit dem späten Mittelalter trägt auch diese oft völlig schwarze Turmalin-Varietät den Namen "Schörl", der ihm angeblich eine verächtliche "verunreinigende Wirkung" bescheinigt. Allerdings bezog sich diese Bezeichnung anfänglich wohl auf alle Turmaline und andere, faserige Minerale wie beispielsweise Rutil, Disthen oder Aktinolith. Da deren Mineralfasern bestimmte Erze teilweise dermaßen durchsetzen, dass diese zu spröde werden, erschwert sich die Verarbeitung immens. Verständlicherweise waren die faserigen Turmaline als "Schörl" (unreines Erz) bei den Bergleuten nicht gerne gesehen.
Historische Erwähnungen des Schörls
Als Typlokalität für Schörl gilt das sächsische Erzgebirge, wo man seit dem 12. Jahrhundert Zinnstein (Kassiterit) zur Zinngewinnung abbaute. In den dortigen Seifen von Flusssedimenten kommt Schörl zusammen mit dem tetragonalen Kassiterit aus der Mineralklasse der Oxide vor, was die Bergleute damals nicht erfreute, denn der schwarze Turmalin verschlechterte die Qualität des Zinnsteins.
"Ein nützlich Bergbüchlin"
Auch wenn der Name "Schörl" in verschiedenen Sprachversionen sicherlich schon im 14. Jahrhundert bekannt war, so tauchte er jedoch erstmals um das Jahre 1500 wissenschaftlich dokumentiert auf. Im ersten deutschsprachigen Buch über das Bergbauwesen erscheint der Begriff "Schörlein".
"Ein nützlich Bergbüchlin von allen Metallen" ist zwar ohne Angabe eines Verfassers oder Verlages herausgegeben worden, wird aber scheinbar mit dem Humanisten und Wissenschaftler Ulrich "Rülein von Calw" in Verbindung gebracht. Dieser war nicht nur ein Wissenschaftler des Bergbaus und Städtebauer, sondern auch Mathematiker und Arzt, der aber auch als Geodät und Astrologe arbeitete.
Die IX. Predigt und der "Schürl"
Aus dem Jahre 1562 stammt ein Werk des deutschen Pfarrers "Johannes Mathesius" ", das eine Sammlung aus 16 Predigten zusammenfasst. Dort berichtet der Geistliche in seiner IX. Predigt aus dem Jahre 1559 "Vom Zin / Bley / Glet / Wismut und Spießglaß" auch über einen "Schürl", der oft zusammen mit "Zwitter" (Zinnstein) auftrat und die Qualität des gewonnenen Zinns deutlich verschlechterte.
Ursprung der Bezeichnung "Schörl" ist unklar
Über die mögliche Herkunft des Namens "Schörl" ist sich die Wissenschaft noch nicht einig. Die Worte "Schor" für "Abfall" sowie "Schoro" oder "Schorlo" für "Felsgrund" sind einleuchtende Kandidaten für die bergmännische Wortschöpfung "Schörl". Auch das schwedische "skör" für "spröde" könnte als Ursprung für die in Schweden übliche Bezeichnung "Skörl" Sinn machen, aber gewiss ist auch das nicht.
Synonyme für Schörl
Sicher ist, dass man bis Ende des 16. Jahrhunderts Namen wie Schurl, Schurel oder Schörle als Synonyme verwendete und sich der Begriff "Schörl" erst im 18. Jahrhundert im deutschsprachigen Raum schließlich bis heute durchsetzte. Zu dieser Zeit entstanden ebenfalls die Namen "Shorl" und "Shirl" für den englischen Sprachraum.
Chemische Zusammensetzung ist namengebend
Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelten sich schließlich die Synonyme "common schorl" und "iron tourmaline", die auf die damaligen Forschungen Bezug nehmen. Nachdem man nämlich im Jahre 1772 die Turmalin-Zugehörigkeit des Schörls erkannt hatte, erfolgten im Jahr 1785 und später auch im Jahre 1810 die ersten Veröffentlichungen der chemischen Analysen über die Zusammensetzung des schwarzen Turmalins "Schörl".
So identifizierte man den "gewöhnlichen Schörl" als Eisen-Aluminium-Turmalin (iron-tourmaline), doch erst im Jahre 1975 gelang eine genauere Struktur-Analyse des Schörls.
Eine mögliche Verwandtschaft von Orts- und Mineralnamen?
Allerdings existiert noch eine weitere namengebende Möglichkeit, die sich auf die sächsische Abbauregion "Zschorlau" im Erzgebirge beziehen könnte, wo man schon im Mittelalter Zinnerze mit schwarzem Turmalin abbaute. Wer dabei zuerst da war, "Henne" (Ortsnamen) oder "Ei" (Mineralnamen), bleibt ebenso umstritten, wie der sorbische Wortbezug von "Zschorlau" auf "Quelle".
Die Entstehung und Vorkommen von Schörl
Turmaline entstehen aus saurem Magma mit deutlichem Bor-Gehalt in einer "Primären Bildung". Sie können sich liquid-magmatisch, pegmatitisch, pneumatolytisch oder hydrothermal bilden. Als sogenanntes "Kontaktmineral" entsteht Turmalin, wenn Magma auf ein bestehendes Gestein einwirkt. Dabei bestimmt die Zusammensetzung dieser beiden Faktoren (Magma und Gestein) und die Art und Weise ihres Aufeinandertreffens, welche Varietät des Turmalins daraus entsteht.
Liquid-magmatische Bildung
Schörl kann hier unmittelbar aus der extrem heißen, flüssigen Gesteinsschmelze entstehen und sich in seinem Wachstum ideal ausbreiten. Gleichzeitig mit den ersten ausgefällten Feldspäten, kann er in dieser Phase ungehindert kristallisieren. Deshalb findet man Schörl oft als perfekt gewachsene Kristalle in granitische Gesteine eingebettet. In diesem Szenario entstammen so gut wie alle enthaltenen Mineralstoffe aus dem Magma, sodass sich vor allem magnesium- und eisenreiche Turmaline wie beispielsweise Schörl bilden können.
Pegmatitische Bildung
Hier kommt es im Vorfeld auf die Entstehung der Pegmatite an, die in verästelten Gängen zwischen Magma und Gestein eine ziemlich große Kontaktfläche für eine Turmalin-Bildung anbieten. Außerdem kann man Turmalin-Kristalle ebenso in den kleinen Gesteinsblasen (Miarole) eines Pegmatits finden, die sich von den größeren Drusen aus einer hydrothermalen Bildung unterscheiden.
Entscheidend für die stoffliche Zusammensetzung des so entstandenen Turmalins ist natürlich das Magma (Bor und Silikate), aber auch die aus dem umliegenden Gestein herausgelösten Mineralstoffe (metallische Komponenten) spielen eine wichtige Rolle. Da in diesem Entstehungsprozess mengenmäßig Eisen dominiert, bildet sich auf diese Weise ebenfalls hauptsächlich der schwarze Natrium-Eisen-Aluminium-Turmalin "Schörl".
Pneumatolytische Bildung
Auch bei dieser Bildungsart entsteht bevorzugt der schwarze Turmalin "Schörl", denn während sehr aggressive Dämpfe aus Borsäure die Silikat-Mineralien der umliegenden Gesteine auflösen, kann aus dieser Grundlage das neue Mineral "Turmalin" kristallisieren. Da auch hier der Anteil des Eisens immer recht hoch ist, bildet sich in erster Linie ebenso vorrangig Schörl.
Platz für Farbe
Aber sobald der Eisenwert nieder ist und Mineralstoffe wie Mangan, Magnesium oder Lithium vorhanden sind, können pneumatolytisch Turmaline in hervorragender Farbqualität, wie beispielsweise Elbait (Rubellit, Indigolith, Verdelith) oder Dravit entstehen.
Hydrothermale Bildung
In dieser Phase der Mineral-Entstehung spielt heißes Wasser die Hauptrolle. Hier laugt die sehr heiße Flüssigkeit das vorhandene Gestein dermaßen aus, dass sich Mineralstoffe herauslösen, die später als Grundlage für neue Mineralbildungen dienen. Während die wässrige Mineralstofflösung mit der Zeit langsam abkühlt, können sich die Bestandteile so verbinden, dass neue Minerale aller Art entstehen.
Turmalin braucht Borsäure
Damit sich das Mineral "Turmalin" bilden kann, muss in der hydrothermalen Lösung allerdings Borsäure vorhanden sein, denn Bor ist das prägende, charakteristische Element der chemischen Zusammensetzung aller Turmaline. In dieser Phase bilden sich vor allem Turmaline in der Qualität von durchsichtigen Edelsteinen, wie beispielsweise Indigolith, Rubellit oder Verdelith, die man bevorzugt in Drusen finden kann.
Doch man ahnt es schon, auch in der hydrothermalen Mineralbildung ist Schörl nicht weit. Vor allem in hydrothermalen Gängen ist der schwarze Natrium-Eisen-Aluminium-Turmalin zu finden.
Weltweite Vorkommen
Dunkle bis schwarze, kleine Turmalin-Kristalle sind auf der ganzen Erde in vielen Gesteinen zu finden, so profitiert beispielsweise Granit optisch von ihrer häufigen Anwesenheit. Allerdings sind Fundorte, an denen sich größere, schön gewachsene Kristalle verbergen, wie so oft dünner gesät. Die hier zulande erhältlichen Schörl-Kristalle, Schmuck- und Trommelsteine kommen in ihrer besten Qualität meistens aus Brasilien, Madagaskar und Afghanistan.
Begleitminerale des Schörls
Neben den gesteinsbildenden Mineralen "Albit", "Quarz", "Kalifeldspat", "Granat" und "Muskovit" tritt Schörl noch zusammen mit einer Reihe anderer Minerale auf. Dazu gehören der oben schon erwähnte Kassiterit (Zinnstein), Wolframit und Scheelit (Sulfate) sowie Epidot (Gruppen-Silikate) und Fluorit (Halogenide). Aber auch die Edelsteine "Topas" und "Beryll" kann man zusammen mit Schörl finden.
Merkmale und Eigenschaften
Als Mitglied der Turmalin-Gruppe gehört das Mineral "Schörl" zur Mineralklasse der Ring-Silikate. Turmalin wird im Allgemeinen als Bor-Silikat definiert, das eine hohe Vielzahl an Inhaltsstoffen aufweisen kann, sodass sich eine große Farbvielfalt bei Turmalinen beobachten lässt.
Turmalin ist nicht gleich Turmalin
Die weltweit häufigste Turmalin-Varietät ist eindeutig der unbunte, oft tiefschwarze Schörl, der wie alle Turmaline nur durch eine idealisierte, chemische Formel beschrieben werden kann. Eine genaue Einordnung der verschiedenen Turmaline fällt oft schwer, denn ihre Zusammensetzung ist so vielfältig, dass aufwendige, chemische Analysen notwendig sind, um die chemischen Inhaltsstoffe dieser komplexen Kristalle zu erkennen.
Mischkristalle erschweren die Zuordnung
Die Varietät "Schörl" besitzt neben dem prägenden Bor-Anteil aller Turmaline einen auffallenden hohen mehrwertigen Eisengehalt, der ihn zu einem "Eisen-Aluminium-Turmalin" macht. Doch der natürlich entstandener Schörl kann sich als ein ziemlich komplexer Mischkristall präsentieren und neben dem variablen Gehalt an Wasserstoff (H), Bor (B) und Lithium (Li) noch viele andere Elemente beinhalten. Dreiwertiges Eisen ist jedoch so gut wie immer ganz vorne mit dabei.
Allerdings sind Kombinationen der verschiedenen, wissenschaftlichen Untersuchungsmethoden notwendig, sodass selten der große Aufwand einer kompletten Turmalin-Analyse Sinn macht.
Kristallsystem und besondere Eigenschaften
Schörl kristallisiert gemäß seiner Gruppenzugehörigkeit im "Trigonalen Kristallsystem" und bildet oft schwarze, prismatische Kristalle, die nicht selten gut ausgebildet sind. Meistens sind sie jedoch nur einige wenige Zentimeter lang, aber selten erreichen manche Kristalle auch eine Länge von über einem Meter. Charakteristisch für alle Turmalin-Kristalle ist eine Längsstreifung, die man gut an den Flächen der Prismen erkennen kann. So entsteht bei unbehandelten Rohsteinen der Eindruck eines faserigen Schicht-Wachstums.
Pleochroismus des Schörls
Während viele Turmaline für ihre abwechslungsreiche Mehrfarbigkeit (Polychromie) bekannt sind, lässt Schörl nur im sogenannten "Dünnschliff" pleochroistische Eigenschaften erkennen. Aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet, präsentiert sich die sehr dünne Mineralscheibe dann entweder in einem zarten, gelblichen Braun oder einem intensiven Gelb-Braun, da das Licht durchscheinen kann. Jedoch in seiner ausgewachsenen, schwarzen Kristallform kann das Licht diesbezüglich wenig ausrichten, da die "Eigenschwärze" des Gefüges es nicht zulässt.
Elektrische Eigenschaften
Schon früh erkannte man, dass Turmaline eine ganz besondere Fähigkeit besitzen, die früher sicherlich an ein kleines Wunder grenzte. Die feststehende Struktur des Kristallgitters verleiht nämlich allen Turmalinen eine gute elektrische Leitfähigkeit, sodass Pyro- und Piezoelektrizität entsteht.
Piezoelektrische Kristalle
Alle Turmaline und somit auch Schörl gehören zu den "piezoelektrischen Kristallen", die auf eine Änderung der Temperatur mit einer Ladungstrennung reagieren (Pyroelektrizität). Durch eine elastische Verformung (Druck) entsteht bei Turmalinen außerdem eine elektrische Spannung, die eine Änderung der Polarisation mit sich bringt und oft auch als Piezo-Effekt (Piezoelektrizität) bezeichnet wird.
Bestimmungsmerkmale des Schörls
Turmaline besitzen eine Mohshärte von 7 bis 7,5 und eine Dichte von 3,02 bis 3,26 sowie keine Spaltbarkeit. Ein unebener, spröder Bruch zeigt eine kleinmuschelige Oberflächenoptik und alle Turmaline haben im Idealfall Fett- oder Glasglanz.
Charakteristisch für Schörl
Während viele Varietäten auch eine durchsichtige Transparenz erreichen können, ist der schwarze Schörl maximal leicht durchscheinend und seine hellgraue, grauweiße Strichfarbe unterscheidet ihn von anderen Turmalinen, wie beispielsweise Elbait (weiß), Indigolith (blassblau), Rubellit (blassrosa), Verdelith (blassgrün) oder Dravit (grau bis graubraun). Somit besitzt Schörl eine Eigenfarbe, auch wenn sie in Wahrheit nicht farbig ist.
Allerdings besteht die Gefahr einer Verwechslung mit anderen Turmalin-Varietäten rein optisch sowieso nicht, denn das tiefe Schwarz mit Glasglanz ist das Markenzeichen des Schörls.
Imitationen und Verwechslungen
Schörl ist die günstigste Turmalin-Varietät auf dem Markt, da er weltweit gut verfügbar ist. Deshalb muss man eigentlich nicht, wie bei den farbigen Exemplaren in Edelsteinqualität, mit Fälschungen und Imitationen rechnen. Im farbigen Turmalin-Bereich sind Manipulationen wie Brennen und Bestrahlen zur Farbverbesserung keine Seltenheit, auch kursieren Glasimitationen und synthetischer Spinell als sogenannte "synthetischen Turmaline" im Handel.
Schörl in seiner naturbelassenen Form
Die Bedenken einer Manipulation kommen beim Erwerb eines Schörls nicht wirklich zum Tragen, denn er ist nicht selten, sodass aufwendiges Brennen oder Bestrahlen bei diesem schwarzen Mineral keinen Sinn macht. Außerdem ist er zusätzlich durch sein häufiges Vorkommen auch nicht teuer genug, damit lohnt sich eine eventuell stabilisierende oder farbverbessernde Aktion oft ebenso wenig.
Schwarze Minerale
Die Gefahr, dass man die meisten Turmaline leicht verwechseln kann, ist beim schwarzen Turmalin "Schörl" ziemlich gering. Vor allem in geschliffener Form können hochwertige, farbige Turmaline nämlich anderen Schmuck- und Edelsteinen zum Verwechseln ähnlich sehen (z. B. Topas, Vesuvian, Zirkon, Amethyst, Citrin, Peridot, Andalusit...).
Selbst hier ist Schörl recht krisensicher, denn nur das amorphe Vulkanglas "Obsidian" und der ebenfalls trigonal kristallisierte Chalcedon "Onyx" erreichen ähnlich tiefe Schwarztöne wie er. Im Rohzustand ist Schörl sowieso durch seine "Längsstreifung" auf den Prismenflächen unverwechselbar, in getrommelter und geschliffener Form muss man jedoch genauer hinschauen.