Perlmutt – Schutz für Mollusken und Schmuck für den Menschen

Wer im Urlaub einen Strandspaziergang macht, geht sicherlich an einem schönen Muschelfund nicht achtlos vorüber. Selbst wenn man keine besondere Schnecken- oder Muschelschale finden sollte, bieten ortsansässige Souvenirläden oft dekorative Exemplare zum Kauf an. Schmuckgegenstände aus Muschel- oder Schneckengehäusen gefertigt, sind sehr beliebt, denn sie erinnern uns an eine entspannte Zeit. Außerdem begeistert die schillernde Perlmuttoberfläche den Menschen schon immer, da sie eine wertvolle Ausstrahlung hat. Die traditionelle Verwendung ist daher auch mit einer großen Symbolkraft verknüpft.

Aus was besteht Perlmutt?

Das lateinische „mater perlarum“ beschreibt eine „Muschel mit Perle“, sodass das englische „mother of pearl“ und das deutsche „Perlmutter“ eine Übersetzung der lateinischen Form darstellt. Allerdings beinhaltet bekanntlich nicht jede Muschel eine Perle und Schneckengehäuse aus Perlmutt schon gar nicht. Deshalb könnte man diese Bezeichnung als etwas irreführend empfinden. Aber nichts desto trotz hat die schützende Behausung der Mollusken (Weichtiere) in ihrem Aufbau einige erstaunliche Details zu bieten, die nach wie vor noch Erforschungsbedarf besitzen. Denn die harte Schale und der weiche Kern sind hier nicht sprichwörtlich gemeint.

Welche Weichtiere bilden Perlmutt?


Die Perlmutt-Ausscheidung der verschiedenen Weichtierarten besteht aus einem natürlichen Verbund aus Calciumcarbonat und einigen organischen Substanzen. Entweder ist die innerste Schicht der Schale (Hypostracum) aus dieser Perlmuttsubstanz gebildet, oder aber der gesamte, vor allem mineralische Teil der Schale. See- und Perlmuscheln kleiden ihre Schalen an der Innenwand gänzlich mit dieser schillernden Schicht aus. Weitere Vertreter an Weichtieren, die Perlmuttgehäuse produzieren sind sogenannte Kreisel- und Rundmund-, bzw. Turbanschnecken. Die „Seeohren“ sind auch unter der Bezeichnung „Abalonen“ bekannt und zeigen ein besonders beeindruckendes Farbenspiel auf der Innenseite ihrer Muschelschale. Deshalb werden sie auch gerne als Ammolit-Imitate verwendet. Als „Nautilus“ oder „Burgos“ werden die Perlboote bezeichnet, die zu den Kopffüßlern gehören. Auch sie bilden Perlmuttschichten aus.

Grundstoff und innere Struktur

Perlmutt besteht aus mindestens 95% modifiziertem Aragonit. Der Grundstoff hierfür ist anorganisches Calciumcarbonat (Kalk). Nur maximal 5% macht ein organischer Anteil aus. Die sechseckigen Aragonit-Plättchen erscheinen in der Schalenebene (waagrecht) in einzelnen Schichten. Dabei wird entweder „gemauert“ oder „gestapelt“. Das bedeutet, dass bei Muscheln quer zur Schale (senkrecht) vorzugsweise Aragonit-Plättchen, wie bei einem Mauerwerk, immer die Plättchen auf Fugen geschichtet sind. Schneckengehäuse sind dagegen öfter in Aragonit-Stapeln gefertigt. Die einzelnen Plättchen wiederum sind mit einer organischen „Mörtel“-Matrix untereinander verbunden. Durch diesen Verbund können sich entstandene Risse nicht so leicht weiter ausbreiten. Die äußere Schalenschicht wird neben Kalk und Proteinen auch durch eine dickere Schicht Chitin gebildet.


Aufbau der organischen Matrix

Der Aufbau, aber auch die Aufgaben dieser alles verbindenden Substanz wird intensiv erforscht, denn es sind noch lange nicht alle Zusammenhänge geklärt. Man weiss, dass das Wachstum und auch mechanische Eigenschaften mit dieser Matrix zusammenhängen und hat zwei verschiedene Arten identifiziert.

Die wasserunlösliche Matrix befindet sich zum einen zwischen den senkrecht verlaufenden Aragonit-Plättchen als sog. interlamellare Matrix und ist etwas dicker angelegt, als die intertabulare Matrix. Letztere verbindet die seitlichen Aragonit-Plättchen der Außenseite und ist dünner angelegt. Beide bestehen allerdings aus verschiedenen, komplexen Proteinen (Conchyn).

Die wasserlösliche Matrix beinhaltet mehr als zehn verschiedene Proteine, die sich teilweise auch auf die Kristallisation von Calciumcarbonat auswirken.


Wie entstehen die schillernden Farben des Perlmutts?

Wenn man Perlmuttoberflächen im Licht bewegt, scheinen sie bunt zu schillern. Dieses sogenannte „Irisieren“ variiert in seinen Farben, je nach geographischer Herkunft und Gattung, bzw. Art der Mollusken. Da die Grundsubstanz eigentlich keine eigene bunte Farbe aufweist, stellt sich natürlich die Frage, woher diese verschiedenen Farbeindrücke kommen.

Interferenz

Die innere Struktur der „gemauerten“ und „gestapelten“ Aragonit-Schichten, sowie die organische „Mörtel“-Matrix sind verantwortlich für dieses „Irisieren“, das durch sogenannte „Interferenzen“ entsteht. Wenn weißes Licht (Tageslicht) auf die Perlmuttoberfläche fällt, dringen die einzelnen Lichtwellen unterschiedlich in das Innere ein. Ein bestimmter Anteil der Spektralfarben wird innerhalb der dünnen Schichten weitergeleitet und ein anderer dagegen reflektiert. Durch die Überlagerung des einfallenden Lichts und der reflektierten Strahlen können Teile des Farbspektrums völlig verschwinden, sodass je nach Betrachtungswinkel einzelne Farbeindrücke zurückbleiben.

Traditionelle Verwendung von Perlmutt


Zahlungsmittel Perlmutt

Eine der wohl ältesten Formen der Nutzung von Perlmutt ist das sogenannte „Muschelgeld„, das auch heute noch in manchen Regionen Polynesiens als Zahlungs- und Tauschmittel eine Bedeutung hat. So besaßen auch die Perlmuttchips der Casinos bis zum 19. Jahrhundert den Stellenwert einer Währung.

Wäscheverschluss Perlmuttknopf

Neben Holz und Horn, war Perlmutt lange die wertvolle Form, um Knöpfe herzustellen. Außerdem konnten edle Wäschestücke, weiße bestickte Kissenüberzüge und Nachtwäsche mit Perlmuttknöpfen heißer gewaschen werden. Holz- und Hornknöpfe haben ein derberes Aussehen und werden durch viele Waschgänge mit der Zeit unschön.

Besonders im 19. Jahrhundert gab es in Deutschland Regionen (Nord-Thüringen) mit einer blühenden Perlmuttknopf-Produktion.

Während bunte, stoßfeste und hitzebeständige Plastikknöpfe den Markt fluteten, gerieten die empfindlicheren Perlmuttknöpfe Mitte des 20. Jahrhunderts etwas in Vergessenheit. Doch inzwischen sind wieder erneut elegante Kleider und hochwertige Hemden mit wertvollen Knöpfen aus Perlmutt bestückt.

Intarsien aus Perlmutt

Um die Oberfläche von beispielsweise Holzmöbeln wertvoller zu gestalten, hat man schon sehr früh die Methode der Einlegearbeiten entwickelt. Ein Zedernholzsarg aus dem alten Ägypten (12. Dynastie, etwa 2013 bis 1793 v.u.Z.) gehört zu den ältesten, uns bekannten Beispielen und zeigt, dass diese Technik schon damals auf einem hohen künstlerischen Niveau war.

Was sind Intarsien?

Die Bezeichnung „Intarsie“ stammt vom italienischen „intarsiare“ und bedeutet „einlegen“. Dabei handelt es sich um eine kunsthandwerkliche Dekorationstechnik, um plane, vorzugsweise Holzflächen ästhetischer zu gestalten. Sehr selten nehmen diese Intarsien reliefartige Züge an, wie im 16. Jahrhundert, denn meistens schließen die eingelegten Elemente bündig mit der Oberfläche der Grund- und Trägerfläche ab.

In der Renaissance ( ab dem 13. Jahrhundert) entsteht, von Italien ausgehend, die erste Blütezeit dieses Kunsthandwerks, nachdem es im Mittelalter fast völlig verschwunden war. Ab dem 16. Jahrhundert erfolgt die Verbreitung in ganz Europa, während die Intarsien-Kunst in Asien niemals geruht hat. Hier konnte in der Zwischenzeit diese Dekorationstechnik verfeinert und perfektioniert werden.

Der historische Wert dieses kunsthandwerklichen und künstlerischen Mediums ist bis heute nicht gebührend anerkannt und untersucht. Die letzte Aufmerksamkeit erhielt die Intarsien-Kunst im Jugendstil Ende des 19. Jahrhunderts und in der „Arts-and-Craft-Bewegung“ Anfang des 20. Jahrhunderts.

Materialien für Einlegearbeiten

Für Einlegearbeiten kommen hauptsächlich andere, verschiedenfarbige Furniere von Edelhölzern (z.B. Mahagoni, Ebenholz, Vogelaugen-Ahorn…), aber auch Metalle (Zinn, Messing, Kupfer, Bronze, Silber und Gold), Schildpatt (flache Hornschuppen vom Panzer der Meeresschildkröte) und Perlmutt zum Einsatz. Die unterschiedlichen Strukturen und Maserungen, sowie Oberflächenzeichnungen werden dabei möglichst perfekt in Szene gesetzt. Entstehen dabei ornamentbetonte Intarsien, spricht man auch von einem Holzmosaik.

Intarsien aus der östlichen Welt

Um der hölzernen Oberfläche mehr Glanz und Eleganz zu verleihen, bietet sich natürlich das flache, schillernde Perlmutt an, das auch schon in der arabischen Welt früh als Intarsie zu finden ist. So entstehen helle „Lichtpunkte“ auf einem zumeist eher dunklen Hintergrund der verschiedenen Hölzer.

Vor allem in China und Japan besteht eine lange Tradition und auch Perfektion in der Intarsien-Kunst. Hier sind Perlmutt, Koralle, aber auch verschiedene Schmucksteine und Metalle (auch Edelmetalle) beliebte Gestaltungselemente. Diese sind oft in gelacktem Holz (chinesische Lackkunst) in den „Elemente-Farben“ Rot für „Feuer“ und Schwarz für „Wasser“ zu finden, aber auch als Intarsien in Elfenbein.

Heutige Verwendung von Perlmutt

Neben der wiederentdeckten Nutzung für hochwertige Knöpfe, spielt Perlmutt vor allem im Instrumentenbau eine dauerhafte Rolle. Bei Gitarren und Bässen ist das Griffbrett oft durch Perlmutt-Inlays unterteilt, damit die Orientierung beim Greifen der Saiten leichter fällt. Ein besonders wertvoller Gitarrenkorpus kann mit Perlmuttintarsien verziert sein. Das sogenannte Froschauge und die Schübe des Bogens von Streichinstrumenten besteht ebenfalls oft aus Perlmutt.

Nicht nur Streich- und Saiteninstrumente, sondern auch Blasinstrumente besitzen Details aus Perlmutt. Die Ventile von hochwertigen Saxophonen (Holzblasinstrument) und Blechblasinstrumenten haben oft eine weiße oder schwarze Perlmutteinlage.


Perlmutt in der Schmuckbranche

Vor allem die sehr farbenfroh schimmernde Abalone (Paua-Muschel) der Seeohren ist im Handel als ganze, beeindruckende Muschelschale oder aber, als Ersatz von Schmucksteinen zu finden. Als ganze Schale kommen sie ganz profan, beispielsweise als „Seifenablage“, oder aber bei spirituellen Ritualen als „Räucherschale“ zum Einsatz.

Nur die Abalone eignet sich durch ihr Farbenspiel für Ammolit-Imitationen. Der sehr seltene Ammolit lässt sich jedoch nicht wirklich perfekt imitieren, sodass auch die Abalone schnell als Imitat erkannt werden kann.

Perlmuttprodukt „Perle“

Das bekannteste „Perlmuttschmuckstück“ ist wohl die Naturperle. Der ehemalige Fremdkörper im Muschelinneren wurde gänzlich von mehreren Perlmuttschichten umschlossen, sodass er dem Weichtier nicht mehr schaden kann. Diese beliebten Kostbarkeiten haben in der Schmuckherstellung eine lange Tradition. Je nach Mode und finanziellen Möglichkeiten werden mehrere Stränge dieser Kugel– und auch Barockperlen um den Hals getragen. Aber auch Perlenstickereien auf der Kleidung (z.B. Brautkleider) und anderen textilen Gebrauchsgegenständen (z.B. Taschen, Tücher, Kissen, Decken, Wandteppiche) werten das jeweilige Stück enorm auf.

Lesetipp-Beitrag: „Perlen – Tränen der Muscheln“

Perlmutt und die Steinheilkunde

Da Perlmutt hauptsächlich aus Aragonit besteht, können Muschelschalen mit besonders buntem Farbenspiel auch in der Steinheilkunde verwendet werden. Hier bietet sich vor allem die Abalone (Seeohren) an. Diese bunte Muschelschale steht für Schutz und Sicherheit, aber auch für Fröhlichkeit. Sie kann helfen, Enttäuschungen und Unsicherheit zu überwinden und die Achtsamkeit in einem friedlichen Zusammenleben fördern.

Körperlich soll die Abalone bei Entzündungen der Haut, Schleimhaut und Sinnesorgane hilfreich sein.