Libysches Wüstenglas mit langer Tradition
Dieses natürlich entstandene Glas spielt schon mindestens seit der Jungsteinzeit eine Rolle. Funde weisen die Verwendung als Werkzeug (Faustkeil) oder Pfeilspitze im Südwesten des großen Sandsees (Edeyen) nach, der sich von Libyen bis nach Ägypten ausdehnt.
Alte gläserne Schmucksteine
Die amorphen Gläser sind weltweit als "Libyan Desert Glass" (LDG) bekannt und finden sich auch in altägyptischen Schmuckstücken wieder. Ein Beispiel dafür ist der Brustschmuck (Pektorale) des Pharaos "Tutanchamun", dessen Zentrum ein Skarabäus ziert. Heute weiss man, dass ein gelbes, geschliffenes Libysches Wüstenglas den Körper des heiligen Käfers bildet. Denn im Jahre 1922 ging der bekannte britische Ägyptologe "Howard Carter" bei der Entdeckung des Schmuckstücks im legendären Grab des jung gestorbenen Pharaos noch von einer Quarzart (Chalcedon) aus. Erst im Jahre 1998 widerlegte eine Refraktometrie-Untersuchung, die den Brechungsindex des Mittelsteins bestimmen konnte, zweifelsfrei diese Annahme.
Libysches Wüstenglas wurde erstmals im Jahre 1932 durch die englischen Geologen und Mineralogen L. J. Spencer und P. A. Clayton wissenschaftlich erfasst und untersucht.
Wie ist Libysches Wüstenglas entstanden?
Hier ist sich die Wissenschaft nicht ganz einig, so existieren drei verschiedene Ansätze für die Entstehung der erstarrten, amorphen Silicium-Dioxid-Schmelze.
Der Einschlag eines Meteoriten
Eine weit verbreitete Theorie hält einen Meteoriten, der vor etwa 28 bis 30 Millionen Jahren in Nordafrika eingeschlagen sein soll, als wahrscheinlichen Verursacher. Allerdings konnte man bis heute keinen Einschlagskrater nachweisen, der diese Annahme bestätigen könnte.
Hohe Temperaturen und Druck
Durch die immense Hitze und den enormen Druck, die ein Meteoriten-Einschlag verursacht, könnte der oberflächliche Sand damals geschmolzen sein. Während die Schmelze durch die Luft geschleudert wurde, konnte sie dabei wahrscheinlich im Flug abkühlen und schnell zu Glas erstarren... so die Theorie.
Die Wüstenglas-Bestandteile
Libysches Wüstenglas besteht hauptsächlich (98%) aus dem natürlichen Kieselglas "Lechatelierit", das beim Aufschmelzen bei über 1700° C aus Quarzsand entsteht. Des weiteren konnte man Einschlüsse aus Zirkonsand entstandenem, monoklinem "Baddeleyit" nachweisen. Aber vor allem die Spuren von bis zu 0,5% eines Meteoriten, die man außerdem in den seltenen Wüstengläsern fand, untermauern die These eines Meteoriten-Einschlags.
Impaktgläser
Aufgrund der Meteorit-Spuren rechnet man meistens amorphes Libysches Wüstenglas zu den Impaktgläsern, die durch diese kosmische Einwirkung entstanden sind. Dabei sind sogenannte "proximale Impaktite" in unmittelbarer Umgebung eines Einschlagskraters zu finden, der hier jedoch nie nachgewiesen werden konnte.
"Distale Impaktgesteine" wiederum lagern im weiteren Umfeld eines Kraters und heißen "Tektite". Diese kleinen Glaskörper unterscheiden sich von Wüstengläsern jedoch durch wesentlich geringere Wasser-Einschlüsse. Somit kann man nicht wirklich beweisen, dass natürliches Libysches Wüstenglas durch einen Meteoriten-Einschlag entstanden ist.
Eine hydrovulkanische Explosion
Durch eine primäre Bildung während eines Vulkanausbruchs, bei dem Silicium-Dioxid-Gel an die Erdoberfläche gelangen konnte, soll laut dieser Theorie Libysches Wüstenglas entstanden sein. Da in weiten Teilen im Nordosten der Sahara vulkanische Aktivitäten nachgewiesen sind, erscheint diese Annahme einleuchtend. Allerdings widersprechen hier die Meteorit-Spuren, die man in manchen Wüstengläsern fand.
Durch Luftdetonation (Airburst)
Die dritte Theorie geht von einer atmosphärischen Explosion aus, die ein in die Erdatmosphäre eindringender, kosmischer Körper einst verursacht haben könnte. Eine enorme, atmosphärische Explosion über der Erdoberfläche könnte genügend Energie erzeugen, um oberflächliche Sandschichten und Gesteine einzuschmelzen, auch ohne einen Krater zu erzeugen.
Explosionsgeräusche in Sibirien
Hier liefert das sogenannte "Tunguska-Ereignis" am 30. Juni des Jahres 1908 in Sibirien die Grundlage dieser "Airburst"-Idee. Man vermutet nämlich, dass ein Meteoriten-Fall oder Asteroiden-, bzw. Kometen-Eintritt in einigen Kilometern Höhe über der Erdoberfläche mehrere Explosionen auslöste. Laut verschiedener "Ohrenzeugen" gab es angeblich bis zu 14 Detonationen. Aber auch bei diesem Beispiel sind sich die Wissenschaftler nicht einig, denn nach neuesten Untersuchungen könnte auch ein Vulkanausbruch die Ursache der "Tunguska-Explosion" gewesen sein.
Wie erkennt man Libysches Wüstenglas?
Die in der Erde geschützt, gefundenen Glaskörper sind uneben, matt und zerfressen. Sobald sie jedoch an die Oberfläche gelangen, können die Winde und der Wüstensand ihre schleifende und polierende Arbeit beginnen. Die so durch "Windschliff" entstandenen Wüstengläser können eine durchsichtige Transparenz und charakteristischen Glasglanz zeigen. Libysches Wüstenglas hat oft eine hellgelbe, honiggelbe und gelbgrüne Farbe, aber auch weißliche bis dunkelgraue Exemplare gehören zur Farbpalette.
Bestimmungsmerkmale
Auch hier dienen die Mohshärte von 6 bis 7, eine Dichte von 2,2 und eine weiße Strichfarbe als wichtige Erkennungsmerkmale. Libysches Wüstenglas erreicht bei etwa 1700° C seine Schmelztemperatur. Ebenso wie künstlich hergestelltes Glas, kann man die natürlichen Glaskörper ebenfalls nicht spalten und der Bruch ist muschelig. Eine Untersuchung mit einem Refraktometer kann außerdem den charakteristischen Brechungsindex des Wüstenglases feststellt.
Neben dem ca. 98 prozentigen Hauptanteil Silicium-Dioxid, finden sich außerdem auch Spuren von Aluminium (Al), Eisen (Fe), Natrium (Na), Calcium (Ca),Titan (Ti), Magnesium (Mg) und Kalium (K) in Libyschem Wüstenglas. Dabei kann beispielsweise das chemische Elemente "Eisen" farbgebend sein.
Fundorte für Libysches Wüstenglas
Wie der Name schon suggeriert, sind die Vorkommen dieses amorphen Glases räumlich begrenzt. Im südwestlichen Bereich des großen "Sandsees" zwischen Libyen und Ägypten liegen die natürlichen Gläser verborgen, von denen keiner bisher weiss, wie sie entstanden sind. Dabei zeigt die libysch-ägyptische Wüste ein Streuungsfeld von etwa 6500 Quadratkilometern, in dem man Libysches Wüstenglas finden kann. Wanderdünen transportieren die begehrten, seltenen gläsernen Körper weiter, deren Gesamtvolumen auf etwa 1400 Tonnen geschätzt wird. Während sich die Sandmengen durch die Winde weiterbewegen, legen sie außerdem immer wieder auch einzelne, teils schon rund geschliffene Exemplare frei.