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Heilsteine – Hokuspokus für die Wissenschaft

multi-colored course sand

Die westliche Esoterik hat gerade in den letzten Jahren wieder viele Anhänger gefunden. Immer wenn die Zeiten unruhig und instabil werden, wenden sich die Menschen Dingen zu, die sich auf den ersten Blick nicht mit dem gesunden Menschenverstand erklären lassen. „Heilstein-Effekte“ sind ein Teil der Esoterik und das nicht erst seit gestern.

Ist es also tatsächlich möglich, dass beispielsweise ein Achat böswillige und negative Energien abwehren kann? Oder… besitzt ein Bergkristall wirklich magische Kräfte, um den Körper und Seele zu reinigen? Und… hilft ein Amethyst bei Migräne und Schlafstörungen? Diese Liste an Fragen kann beliebig erweitert werden.

Was steckt also hinter all diesen „Heilversprechen“?

Alles nur Märchen aus der Vergangenheit?

Über die angeblich vielfältigen Wirkungen der jeweiligen Heilsteine wird nicht erst seit gestern gesprochen. Die Geschichte der unterschiedlichen Steine und ihrer Wirkweise reicht sehr weit in die Vergangenheit zurück.

Die traditionelle, chinesische Medizin – damals und heute

Heilsteine, wie beispielsweise der grüne Malachit oder hellblaue Aquamarin, waren schon in der Antike bekannt. Selbst Schwefel galt im alten China vor mehr als 5000 Jahren bereits als Heilstein. Eines der ersten medizinischen Bücher der Menschheit stammt von dort. Ein legendärer Urkaiser soll es für sein Volk verfasst haben. In diesem Buch werden unter anderem auch genaue Angaben zu der Wirkweise verschiedener Steine erwähnt.

Der heutige Taoismus, Buddhismus und die moderne TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) verwenden nach wie vor, auch auf den Grundlagen alter Überlieferungen, Edelsteine und Mineralien in heilsamen Behandlungen.

Heilige Steine

Viele Kulturen besitzen schon seit Jahrhunderten ihre eigenen „heiligen Steine“, die meist vor Ort gefunden wurden. Ihre Wirkung auf die Bevölkerung war enorm, sodass diese Schätze große Achtung genossen. Bis heute tragen indische Frauen beispielsweise Mondsteine, eingenäht in ihrer Kleidung, nah am Körper, um die positive Wirkung auf den weiblichen Körper zu erleben.

Diamanten durften lange Zeit nicht bearbeitet werden, weil man befürchtete, sie könnten ihre starke Schutzfunktion verlieren.

Heilsteine im Mittelalter

Im Mittelalter war die Verwendung von Heilsteinen vor allem durch die heilkundige Äbtissin Hildegard von Bingen bekannt und üblich. Ihre ausführlichen Niederschriften über die Wirksamkeit, beispielsweise von Heil- und Edelsteinen, in ihren ganzheitlich angegangenen Therapien, sind bis heute erhalten geblieben.

Forscher vermuten heute, dass Hildegard von Bingen die Steine nutzte, um die Selbstheilkräfte der Menschen zu aktivieren und zu stärken.

947 – Eigenes Werk

„Heilstein-Effekte“ aus medizinischer Sicht

Aus der Sicht eines Mediziners existieren die zahlreichen Effekte, die Heilsteine haben sollen, überhaupt nicht. Trotzdem werden diese sogenannten „Heilsteine“ immer wieder auch für bestimmte Therapien genutzt. Wissenschaftler schütteln hier nicht nur verständnislos mit dem Kopf. Obwohl Heilsteine im Allgemeinen nicht schaden können, ist die Aversion gegen sie in schulmedizinischen Kreisen nach wie vor sehr groß.

Somit steht eine weitere Frage im Raum:

Haben sich diese Gelehrten damals alle geirrt, als sie über die Wirkungen der einzelnen Steine berichteten?

„Wohl kaum!“, entgegnen Heilstein-Nutzende, denn über die Jahrhunderte hinweg wurde das Wissen der Steinheilkunde stetig weitergegeben und immer populärer.
Auch hier könnte der inzwischen allzu oft genutzte Satz des Hippokrates (griech. Arzt 460-370 v.u.Z.) bedient werden: „Wer heilt, hat Recht.“

Denn, was nicht funktioniert, verläuft sich irgendwann im Sand… und es gibt keine Fälle, bei denen Edelsteine und Mineralien beispielsweise Missbildungen bei Neugeborenen bewirkt hätten. Wegen dieser Katastrophe in den 50er Jahren, verursacht durch das Beruhigungs- und Schlafmittel Contergan für Schwangere, wurde schließlich auch nicht gleich die ganze Pharmaindustrie abgeschafft.

Heilstein-Placebo-Effekte?

Vielleicht kann ein Rosenquarz bei bestimmten Menschen tatsächlich dabei helfen, beispielsweise ihre Kopfschmerzen zu besiegen. Wer dahinter Übersinnliches vermutet, kann dies gerne tun. Aber selbst Wissenschaftler rücken „Heilstein-Effekte“ in die Nähe von sogenannten „Placebo-Effekten“, die inzwischen auch in der Schulmedizin nachgewiesen werden konnten. Eine nach den heutigen wissenschaftlichen Standards nicht nachweisbare Wirkung, die jedoch von vielen Menschen wahrgenommen wird, kann somit in einigen Jahren ganz anders bewertet werden.

Die Psychosomatik vor 80 Jahren

Als Beispiel kann die heute ganz selbstverständliche „Psychosomatik“ gelten, die Mitte des letzten Jahrhundert von der Schulmedizin noch sehr belächelt, abgetan und sogar heftig als esoterischer Humbug bekämpft wurde. Heute fließen die Erkenntnisse der Psychosomatik ganz selbstverständlich in jede Therapie mit hinein, denn ein ganzheitliches Bild des Menschen hat an Popularität gewonnen.

Die Angst vor der Psyche

So fragte eine 70 jährige Nachbarin, die noch die alte Schule kennt, verständnislos:

„Weshalb musste ich in der Reha in eine Gesprächstherapie, wenn ich Rückenprobleme habe?“

Sie stammt noch aus einer Zeit, in der psychische Probleme ein Zeichen von Schwäche waren. Nur wer nichts ertragen konnte und lebensuntüchtig war, brauchte in diesen Jahrzehnten psychologische Behandlung. Die Scham davon betroffen zu sein, oder nur ein Familienmitglied in einer Nervenklinik zu wissen, war entsprechend groß. Zum Glück hat sich auch hier unser Verständnis und unsere Erkenntnis weiterentwickelt.

Eine psychosomatische Wirkungen von Mineralien und Edelsteinen?

Unter diesem Aspekt kann die Wirkung eines Minerals, auf beispielsweise die Psyche des Menschen, so abwegig nicht sein. Schließlich nutzen Pflanzen und alle Lebewesen die Mineralien der Erde für ihr Wachstum und eine gesunde Entwicklung. Wenn somit ein sensibler Mensch durch ein Mineral zuversichtlicher und entspannter seinen Alltag bewältigt, muss das nicht zwingend Hokuspokus oder Placebo sein.

So bleibt die Hoffnung, dass die Entdeckung der wahren Mechanismen der Heilstein-Wirkung die Zukunft bringt. Dieser Gedanke allein, macht das Thema „Heilsteine“ schon interessant.

Erklärungsversuche aus der Steinheilkunde

Hauptsache, es wirkt!

Hildegard von Bingen war ohne jeden Zweifel eine der klügsten Frauen ihrer Zeit. Sie gilt als eine Universalgelehrte des Mittelalters. Da von ihr bestimmte Heilsteine ausdrücklich für verschiedene Leiden empfohlen werden, kann man davon ausgehen, dass auch ernst zu nehmende Erfahrungen dahinter stecken. Die Äbtissin wusste noch nichts vom sogenannten „Placebo-Effekt“ und für sie selbst waren Heilsteine ganz bestimmt kein Hokuspokus oder fauler Zauber.

Dafür hatte sie zu lange unvoreingenommen geforscht. Als eine „Wissenschaftlerin“ ihrer Zeit, überließ sie nicht einfach alles Gott, sondern suchte in seiner Schöpfung nach heilenden Möglichkeiten für die geplagte Bevölkerung. Wieso diese speziellen Steine eine Wirkung auf die Seele und den menschlichen Körper zeigten, war eher nebensächlich und wurde als Gottesgeschenk betrachtet.

Moderne Ursachenforschung

Die Steinheilkunde der heutigen Zeit hat eine gemmologische Erklärung gefunden, die das Geheimnis um die Kraft der Heilsteine vielleicht auflösen kann. So werden die geometrisch unterschiedlichen Formen, die Lage und typische Anordnung der Atome im Inneren eines Minerals als Verursacher angenommen.

Die sogenannte „Analytische Steinheilkunde“ verlässt sich nicht aufs Gefühl und die Affinität in der Auswahl der Heilsteine. Diese Methode beachtet die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die verschiedenen Kristallstrukturen, Mineralklassen und deren Bildungsprinzipien genau und macht keinen Unterschied zwischen allgemeinen Mineralien und speziellen Heilsteinen. Hier kommt man um chemische Formeln jedoch nicht drumrum.

Die 7 geometrischen Grundformen

Lanzi Redrawn – Eigenes Werk

Kristallgitter werden aus den Grundstrukturen Quadrat, Sechs- oder Dreieck, Rechteck, Raute, Parallelogramm oder Trapez gebildet. Diese ermöglichen eine lückenlose Ausnutzung des vorhandenen Raumes. Chaos braucht immer mehr Platz, als ein streng geordnetes System. Da die Mineralien unter enormen Druck entstehen, kann kein Platz übrig bleiben. Dementsprechend werden die Kristallsysteme wie folgt eingeteilt.

Die 7 Kristallsysteme und die „Ausnahme von der Regel“

Kubisches Kristallsystem (quadratische innere Struktur)
Typische Mineralien sind beispielsweise Diamant, Fluorit oder Pyrit.

Hexagonales Kristallsystem (sechseckige innere Struktur)
Typische Mineralien sind z.B. Aquamarin, Smaragd oder Apatit.

Trigonales Kristallsystem (dreieckige innere Struktur)
Typische Mineralien sind hier beispielhaft Quarze, wie Amethyst, Bergkristall, Citrin, aber auch die Korunde Rubin und Saphir, sowie die große Gruppe der Turmaline.

Tetragonales Kristallsystem (rechteckige innere Struktur)
Hier werden die Mineralien Rutil und Zirkon (Hyazinth) als Beispiel aufgeführt.

Rhombisches Kristallsystem (rautenförmige innere Struktur)
Typische Beispiele sind Topas, Olivin (Peridot) und Aragonit.

Monoklines Kristallsystem (Parallelogramm-Form als innere Struktur)
Selenit zeigt am deutlichsten diese Struktur. Aber auch Mondstein, Jadeit, Epidot, Azurit und Malachit gehören zu diesem System.

Triklines Kristallsystem (Trapez-Form als innere Struktur)
Der Amazonit zeigt diese Form am besten, aber auch Rhodonit, Labradorit, Sonnenstein und Türkis gehören hierher.

Und um der absoluten Ordnung auch etwas Chaos zu verleihen, gibt es noch das „gestaltlose“ Bildungsprinzip, das ohne innere Struktur daherkommt.

Sogenannte amorphe Mineralien hatten in ihrer Entstehungsphase keine Zeit, um kristalline Strukturen auszubilden. Obsidian und Moldavit gehören in diese Gruppe.

Sind in einem Gemenge allzu viele verschiedenen Stoffe vermischt können sich oft ebenfalls keine einheitlichen Strukturen bilden. Hier sind Opale und Bernsteine passende Vertreter.

Der Mineralstoffgehalt eines Steines und die oft dadurch beeinflusste Farbe, werden ebenfalls als Informationsträger, für die noch wenig erforschten Biophotonen, gehandelt.

Fazit:

Es gibt noch viel für die Wissenschaft zu entdecken, was heute noch in den Bereich Esoterik und mittelalterlichen Aberglauben verbannt wird. Sicherlich wurde auch im Lauf der Jahrhunderte einiges in Edel- und Heilsteine hineininterpretiert oder einfach nur übersteigert.

Denn der Mensch erzählt gerne Geschichten und übertreibt dabei auch gerne, um der Schilderung mehr Nachdruck zu verleihen. So liegt es an uns selbst, wieviel Wahrheit wir dem Phänomen „Heilsteine“ entlocken können.

Dabei muss absolut nichts geglaubt werden. Ein Versuch ohne Erwartungen bringt oft den größten Aha-Moment, denn ein Heilstein ist kein Hexenwerk, aber auch kein Medikament im üblichen Sinne.

Bild: @ depositphotos.com / microgen